Unterwegs auf den letzten Kilometern des Harzer Hexenstiegs von Treseburg nach Thale.
Am späten Vormittag des 16.November 2024 brach ich mal wieder auf, um den Harz zu besuchen. Wegen einer Erkältung sollte es nur ein Kurzwanderung mit Übernachtung in zwei Hotels werden, die ich bereits in Leipzig vorbuchte. Ich fuhr mit der S-Bahn nach Halle, von dort mit einem völlig überfüllten Abellio-RE nach Halberstadt und dann weiter mit dem nächsten RE nach Thale.
Mit einer Leipziger Busfahrerin ging es in der Linie 256 nach Treseburg zum „Rübezahl“ weiter. Dank Deutschlandticket ist es im Moment ja alles sehr einfach. Der kleine Bus fuhr über Friedrichsbrunn und Allrode bis zum Kreisverkehr in Treseburg. „Rübezahl“ ist vom Riesengebirge in den Harz umgezogen, um hier eine Gaststätte zu betreiben und im „Hotel Forelle“, direkt an der Bodebrücke, Mohnkuchen und zwei Pötte Kaffee zu servieren. Danach lief ich hundert Meter weiter und übernachtete im „Hotel Zur Luppbode“. Am nächsten Morgen ging es, mit Käsebrötchen und Kaffee gestärkt, auf zur kleinen Wanderung nach Thale.
Der Ort Treseburg entstand durch den Erzabbau. Burgreste der Treseburg sind vorhanden, aber nicht wirklich sehenswert. Durch den Ort führt der 96 Kilometer lange „Harzer Hexen-Stieg“. In Treseburg mündet der Gebirgsbach Luppbode in die Bode. Hier springen Forellen durch die Fluten, die dem bekanntesten Hotel des Ortes den Namen gaben. Ich beginne die Wanderung an der Bodebrücke. Dort wurde im 19. Jahrhundert eine Kombination von Kirche und Schule errichtet.
Der „Harzer Hexen-Stieg“ beginnt in Osterode und führt über fast 100 Kilometer durch den Harz. Ab Treseburg verläuft der Wanderweg rechtsseitig der Bode bis zur Teufelsbrücke. Danach linksseitig weiter bis zur Stadt Thale. Das Bodetal ist seit 1937 Naturschutzgebiet. Hier wanderten schon Goethe, Fontane und Enno. Bis Thale sollte man drei bis vier Stunden brauchen. Vor allem bei Nässe ist ordentliches Schuhwerk eine gute Idee. Meine neuen Giesswein-Schuhe mit Merino-Fütterung machten sich hier ganz gut.
Der Hexen-Stieg nimmt hier jede Windung der Bode mit. Daher sind es auch rund zehn Kilometer bis Thale, obwohl es auf der Karte eher nach 5 Kilometern aussieht. Nach ungefähr 500 Metern geht es aufwärts zur „Sonnenklippe“. Eine schöne Aussicht auf die herbstliche Landschaft – nachts natürlich nur mit einem ordentlichen Farb-Nachtsichtgerät. Auf der „Sonnenklippe“ gibt es außerdem eine Sitzbank, einen verkrüppelten Baum und eine Holztafel mit wichtigen Informationen, die ich leider vergessen habe.
Der Wanderweg ist übrigens „auf eigene Gefahr“. Umgefallene Bäume und Steinschlag gibts es öfters. Manchmal muss man über die umgestürzten Bäume klettern. Teilweise geht es links steil abwärts und rechts steil aufwärts. Der Weg durchs Bodetal wird übrigens im Winter regelmäßig gesperrt, da ist wohl die Gefahr zu groß, in die Bode zu rutschen. Das würde man mit rutschigen Schuhen aber auch auf dem nassen Herbstlaub hinkriegen.
Aufbrüche des Ramberggranits sind entlang des Weges zu sehen. An einer Stelle auch mit sichtbarem Quarzeinschluss. Aus dem herbstlichen Boden sticht das Grün von Straußfarn und Moos hervor. An einigen Stellen hat der Wanderweg ein Geländer oder andere technische Hilfen. Ausgerüstet war ich übrigens nur mit dem kleinen Aspen-Sport-Rucksack 40. Für zwei Übernachtungen im Hotel muss man ja nicht viel mitnehmen.
Nach fast 5 Kilometern kommt dann die einzige Schutzhütte auf diesem Teil des Harzer Hexen-Stiegs. Hier waren schon die „Wanderpfeifen“ zu Besuch, die sich großflächig verewigt haben. Außerdem warten noch die Glasflasche und die Schuh-Einlegesohle auf Abholung durch ihre Eigentümer. Ich machte eine kurze Pause, dann ging es weiter.
Nach Aufs und Abs und vielen Windungen der Bode, nähert man sich dann mit einem langen Anstieg dem Bodekessel. Die Bezeichnung „Grand Canyon Deutschlands“ ist sicher übertrieben, aber der Blick von oben auf das Rosstrappenmassiv und die weit unten strudelnde Bode, ist schon sehr beeindruckend. Hier soll, der Sage nach, der Ritter Bodo die Prinzessin Brunhilde verfolgt haben, die sich der antifeministischen Heiratskampagne durch Flucht entzog. Brunhilde erreichte das gegenüberliegende Ufer, wobei das Pferd einen Abdruck („Rosstrappe“) hinterlies.
Leider verlor die Prinzessin ihre Krone und Bodo sein Leben. Wie die Krone zu Knossi gelangte, ist nicht überliefert. Als definitiv nicht seniorentaugliche Serpentine führt der Wanderweg nun nach unten und wechselt dann mit der Teufelsbrücke (die heutige Version wurde 2009 errichtet) auf die linke Seite der Bode. Nach nur wenigen Wanderern bislang, wurde es nun etwas voll. Der Blick auf die Bode ist aber auch wirklich beeindruckend. Früher muss es hier noch einen Wasserfall gegeben haben, der aber gesprengt wurde, um das Flössen von Holz zu erleichtern.
Nach der nächsten Windung der Bode und einem Wanderweg-Abzweig zur Rosstrappe, folgen Bühlow-Denkmal, Bergwacht Thale, Jungfern-Brücke und Gasthaus Königsruhe. Letzteres natürlich geschlossen. Warum auch nicht – Sonntag halt. Nachfolgend noch der Goethefelsen mit einer Tafel. »Nur nicht Bodetal«, sagte Gordon. »Oder gar dieser ewige Waldkater! Das reine Landhaus an der Heerstraße mit einer Mischluft von Küchenabguß und Pferdeställen. Überall Menschen und Butterpapiere, Krüppel und Ziehharmonika.« – wegen solcher literarischer Ergüsse bekam Theodor Fontane kein Denkmal, obwohl er Thale und Umgebung mehrfach bereiste.
Ein Stück weiter, kommt man über den Katerstieg, zu den von Fontane erwähnten „Waldkater“. Früher ein Gasthaus, ist es heute eine Jugendherberge. Direkt am Weg liegt die „Schallhöhle“, die 1760 in den Fels geschlagen wurde und auch eine Quelle beinhaltet. Leider zugeschlossen. Ein gewisser Reckleben versuchte Geld aus der künstlichen Höhle zu schlagen, indem er ihr „Lebenswasser“ verkaufte und „Böllerschüsse“ abgab, die durch die Höhle verstärkt wurden. Letztendlich wurde er dadurch taub und deswegen von einem Bier-Fuhrwerk überfahren. Gen Z macht derweilen in Tik Tok.
Ich blieb auf der linken Seite der Bode. Da es nun anfing zu regnen, stellte ich mich ein bisschen an der Schallhöhle unter und lief dann einfach zur nächsten Höhle weiter. Wegen des Regens erledigten sich jetzt der Besuch des Hexentanzplatzes. Da ich bereits in Leipzig ein Hotel in Thale gebucht hatte, war das kein großes Problem, ich hätte ja eh nach Thale zurückkehren müssen. Übrigens war nicht herauszubekommen, was das für eine Höhle auf dem nächsten Bild ist. Schreibt es in die Kommentare, wenn ihr es wisst. Hier endet der Präsidentenweg von der Rosstrappe.
Mit der Kabinenseilbahn hätte ich den Hexentanzplatz natürlich auch bei Regen besucht. Die Seilbahn wurde aber gerade repariert. Soweit ich mich erinnere, war jede zweite Kabine mit Glasboden, und ich war bei meinem letzten Besuch verzweifelt bemüht, nicht eine solche Kabine zu erwischen – hatte leider nicht geklappt. Ansonsten kann man meinen Besuch von vor zehn Jahren hier nachlesen. Da war ich auch auf der Rosstrappe und habe mir die Downhill-Strecke angesehen.
Im Bodetal gibt es mehrere Hinweisschilder wegen der dort lebenden Feuersalamander. Ich war stolz und glücklich im Tal endlich einen zu sehen und zu fotografieren. Er war ziemlich groß. Ich schlenderte an der Kirche und am Wasserturm (in dem man übernachten kann) vorbei und fand dann auch das Hotel in der Walpurgisstraße. Im dortigen Park kann man Sleipnir, Wotans achtbeiniges Pferd, fotografieren. Und eingelassene Hufeisen angucken. Im Hotel gab es ein Riesen-Schnitzel mit Waldpilzen.
Am Montagmorgen, nach dem Frühstück im Hotel, ging es mit Abellio nach Halberstadt und dann weiter nach Halle. Trotz leichter Verspätung erreichte ich noch die S-Bahn 5X und kam so wieder nach Leipzig. Den restlichen Hexenstieg werde ich noch dieses Jahr in Angriff nehmen.