Mit der S1 nach Wurzen

Die folgende Artikelserie erschien 2014 im Grünauer Stadtteilmagazin GRÜN-AS und sollte den Nutzern die 2011 eingestellte S-Bahn wieder nahebringen. Die Linienführung der S-Bahn S1 hat sich in der Zwischenzeit verändert, sie fährt heute nicht mehr nach Wurzen bzw. Riesa!

Miltitzer Allee

Der Bahnhof in der Miltitzer Allee sollte eigentlich nicht der Endpunkt der Trasse werden. Ursprünglich war mal an eine Weiterführung der Gleise nach Markranstädt geplant. Allerdings hätte die Einschwenkung auf die Markranstädter Strecke einige komplexe Bauwerke erfordert, da man die Lützner Straße und die Straße am See queren müsste. So hat man den Bahnbau hier 1983 beendet und den Bahnhof mit einem Inselbahnsteig ausgeführt.

Miltitzer Allee
Miltitzer Allee

Von dem kleinen Kopfbahnhof erreicht man das Grünauer KOMM-Haus, die Selliner Passage und die Bären-Apotheke. In den Sommermonaten werden sicher zahlreiche Badegäste des Kulkwitzer Sees die neue Verbindung nutzen, aber darüber kann man an einem kalten Januartag nur spekulieren.

Karlsruher Straße

Die zweite Grünauer Station heißt »Karlsruher Straße«. Auch diese Station gibt es seit 1983, damals unter dem Namen »Haltepunkt Ho-Chi-Minh-Straße«. Im Gegensatz zu den Doppelstockzügen aus alten Zeiten, fahren die »Hamsterbacke« genannten Züge recht leise. Die Grünauer Siedler, die hier recht nah an den Gleisen leben, haben aufgeatmet. Die zum Teil neu geschotterten Gleise rütteln sich übrigens noch fest.

Karlsruher Straße
Karlsruher Straße

»Hamsterbacke« heißt offiziell »Talent 2«. Das hat mit den ursprünglich von Talbot gebauten »Talent« nichts mehr zu tun. Die 442er und 443er sind eine Neuentwicklung von Bombardier in Hennigsdorf. Bereits im Einsatz sind die End- und Mittelwagen bei den S-Bahnen in Nürnberg und Rostock. Dort gab es auch genug Probleme, vor allem mit den Türen und deren Steuerung. Inzwischen haben sich die Kinderkrankheiten hoffentlich auskuriert.

Mit den neuen Zügen kam nicht nur eine silber-metallic Lackierung mit grünen Türen. Es gibt Haltewunschtaster im Türbereich, einen Familienbereich (farbige Viersitzer mit kindgerechter Tischdeko), einen vergrößerten Sitzabstand mit breiteren Sitzen und in der ersten Klasse sogar Ledersitze. Flachbildschirme an den Trennwänden informieren die Reisenden über die nächsten Stationen. Hier steht nun »Allee-Center«.

Allee-Center

Der am meisten frequentierte Haltepunkt in Grünau trug früher den Namen »Wilhelm-Pieck-Allee«. Hier trifft die S-Bahn nicht nur auf das größte Einkaufszentrum des Stadtteils, sondern auch auf das Zentrum Grünaus. An der Stuttgarter Allee liegen nicht nur Allee-Center und PEP, sondern auch die Bibliothek Grünau-Mitte, die »Völkerfreundschaft«, der Stadtteilladen mit Volkshochschule und der Grünauer Marktplatz. Außerdem sind da noch der Kinder- und Jugendnotdienst, das Heizhaus und der KiJu.

Allee-Center
Allee-Center

DB Station&Service wollten eigentlich bis August letzten Jahres drei Grünauer Haltepunkte (Karlsruher Straße, Allee-Center und Grünauer Allee) modernisieren. 1,7 Millionen Euro waren dafür veranschlagt. Leider wurde die Haltepunkte bis heute nicht fertig. Auch am Allee-Center guckt noch die blanke Erde aus dem Schnee. Im Laufe des Jahres wird es sicherlich fertig werden. Wir sind ja in Grünau ganz gut weggekommen, andere Haltepunkte – wie Leipzig-Thekla – bröckeln im Nachkriegs-Charme.

Im Oktober 2001 wurde die Rampe zum Allee-Center von dreißig Graffiti-Künstlern neu gestaltet. Nun, mehr als zehn Jahre später, ist die Wand zum größten Teil unverändert und von illegalen »Verziehrungen« verschont geblieben. Sicherlich ein Grund weshalb der Leipziger Graffitiverein die Lärmschutzwände einiger Stationen offiziell bemalen durfte. Und, was immer man davon halten mag, es sieht besser aus, als die illegalen Graffiti daneben.

Grünauer Allee

Ein neuer Einkaufsmarkt, das »Theatrium« und der »Grünauer Krug« sind schnell zu erreichen. Auch diese Station trug zur Eröffnung am 25. September 1977 einen anderen Namen: »Haltepunkt Hermann-Matern-Allee«. Der Haltepunkt wurde bereits 1980, also in DDR-Zeiten, in Grünauer Allee umbenannt. Hier fuhr damals ein »Betonpendel« genannter Pendelzug C zum Plagwitzer Bahnhof und der dortigen Ringbahn A. Später gab es dann sogar zwei Grünauer Linien und einen Zehnminutentakt. Nach der Wende wurde durch den zunehmenden Autoverkehr wieder nur eine Linie angeboten.

Grünauer Allee
Grünauer Allee

Ursprünglich sollte die S-Bahn die Hauptlast des öffentlichen Nahverkehrs für Grünau tragen. Daher durchschneidet die Bahntrasse auch den gesamten Stadtteil. Die Grünauer spielten aber nicht mit und fuhren lieber mit der Bimmel. Das hatte eine einfachen Grund: Die S-Bahn hatte andere »Fahrschnipsel«, die zudem deutlich teuerer waren. Wer also nicht gerade ein Ziel an einer S-Bahn Station hatte, war mit der Bimmel besser bedient. Das hat die Verkehrsgewohnheiten der Grünauer nachhaltig beeinflusst.

Inzwischen gibt es einen einheitlichen MDV-Tarif mit einheitlichen Fahrscheinen, mit denen man S-Bahn, Straßenbahn und Bus fahren kann. In der Mitte Grünaus, also zwischen den Tram-Linien, ist die S-Bahn eine interessante Alternative zur Bimmel geworden. Hier ist der 30-Minuten-Zeittakt aber noch ein Hindernis. Ein 15-Minuten-Zeittakt ist bereits in Planung, kann allerdings erst realisiert werden, wenn das zweite Großprojekt (neben dem City-Tunnel) fertig ist: die Schnellfahrstrecke nach Erfurt. Bis Ende 2015 soll das Projekt, welches die 8,6 Kilometer lange Saale-Elster-Talbrücke beinhaltet, abgeschlossen sein.

Plagwitz

Von Grünau biegt die S-Bahn nun auf die alte Bahnstrecke der Zeitzer Eisenbahn, die von Leipzig aus über Zeitz, Gera, Triptis und Saalfeld nach Probstzella führt. Die Bahnstrecke, die es seit 1873 gibt, wurde in den letzten Jahren erneuert. Der Plagwitzer Bahnhof wurde ebenfalls 1873 eröffnet und hieß damals Zeitzer Bahnhof. Seit den Umbauarbeiten wird das eigentliche Bahnhofsgebäude nicht mehr benutzt. Der Zugang zu den beiden neuen Seitenbahnsteigen befindet sich an der Karl-Heine-Straße, direkt an der Brücke.

Plagwitz
Plagwitz

Wenn man von Grünau aus kommt, kann man über eine Rampe direkt auf die Wendeschleife der Straßenbahn. Dort fährt drei Minuten später die Linie 14 ab. Wer hier etwas langsam auf den Beinen ist, sollte gleich am Kopf des Zuges ausgestiegen sein. Die Tram fährt dann durch die Plagwitzer Kulturmeile mit Westwerk, Lindenfels Westflügel und dem Technikzentrum für Jugendliche GaraGe. Am Bahnhof kann man in die Züge der ErfurtBahn umsteigen, die nach Knauthain, Pegau, Profen, Zeitz, Gera, Weida, Pößneck und Saalfeld fahren. Die auffälligen Züge vom Typ Stadler Regio Shuttle RS1 haben einen Fahrkartenautomaten an Bord.

Direkt am Bahnhof befindet sich – in einem alten Bahnhofsgebäude – das Eisenbahnmuseum Bayerischer Bahnhof zu Leipzig und – schon in Neulindenau – die Katholische Liebfrauenkirche im neuromanischen Stil. Die Kirche wurde 1907 neben die Eisenbahnlinie gebaut. Auf der weiteren Fahrt unserer S-Bahn kann man dann schön das Rundfenster mit der farbigen Verglasung sehen, die es seit 1934 gibt.

Lindenau

Nun überquert die S-Bahn den Elster-Saale-Kanal, der hier Karl-Heine-Kanal genannt wird, und die Lützner Straße. Der Haltepunkt ist etwas ungünstig gelegen, den er befindet sich genau zwischen zwei Straßenbahnhaltestellen, wobei der Fußweg zur Haltestelle Henriettenstraße kürzer ist. Hier kann man in die Linien 8 und 15 umsteigen. Auf der anderen Seite befindet sich der Lindenauer Bushof. Dort kann man in die Buslinien 60 und 80 umsteigen.

Lindenau
Lindenau

Der Ausgang zur Lützner Straße ist aber noch Baustelle und die ganze Lützner Straße ist ebenfalls noch eine Baustelle. Hier wird die Straßenbahn zur Stadtbahn ausgebaut, neue Wasserleitungen verlegt und die Straße erneuert. Leider kommt man dadurch auch nicht so einfach auf die andere Straßenseite. Dort befindet sich nämlich ein lohnenswertes Ziel: eine kleine Bude, in der leckere Bratwürste auf dem Holzkohlegrill gebruzelt werden. Der Kaffee kostet 59 Cent, wie die großen roten Schilder verraten. Geöffnet ist wochentags bis 21.00 Uhr, am Wochenende bis 20.00 Uhr.

Leutzsch

Auch der Haltepunkt in Lindenau wurde erneuert und die Bahnstrecke mit Schallschutzwänden versehen. Es gibt noch einen nördlichen Ausgang, der zur Demmeringstraße führt, die dort die Bahngleise mit einem Fußgängertunnel unterquert. Die nächste Station ist Leutzsch, wie der Netzplan verrät, den man in der S-Bahn auf die Tischplatten laminiert hat. Die alte Station »Industriegelände West« durchfährt die neue S-Bahn.

Leutzsch
Leutzsch

Den Bahnhof in Leutzsch gibt es seit 1856 und seit 1969 durchfährt ihn die S-Bahn. Hier nahm die alte Bahnstrecke der Zeitzer Eisenbahn ihren Anfang und zweigt von der Bahnstrecke nach Großkorbetha ab. Diese verläuft nördlich der Schönauer Lachen durch Miltitz und Markranstädt, dann weiter nach Bad Dürrenberg, Großkorbetha und Weißenfels. Auf die RegioBahn dieser Strecke kann man umsteigen, es ist aber etwas umständlich.

Denn in Leutzsch hat sich seit 2008 einiges verändert: Die Bahnsteige sind von der Georg-Schwarz-Straße zu erreichen. Nördlich ist der Zugang zu einem Inselbahnsteig für die RegioBahnen der Strecke Leipzig-Großkorbetha und südlich der Zugang zu den zwei Außenbahnsteigen für die S-Bahnen der Linie S1.

In Leutzsch gibt es Fußball, Umsteigemöglichkeiten für die Tram nach Böhlitz-Ehrenberg und die Theater-Fabrik in der Franz-Flemming-Straße, wo vor ein paar Tagen Suzanne Vega ein Konzert gab.

Möckern

Von Leutzsch aus führt die Bahnstrecke nun über Nahle, Luppe und Elster nach Möckern. Der Ausstieg ist direkt an der Georg-Schumann-Straße an der Grenze zu Gohlis. Für die arbeitssuchenden Grünauer ist die Agentur für Arbeit sicherlich ein Grund hier auszusteigen. Von Grünau aus ist die S-Bahn die kürzeste Verbindung zu dieser Behörde.

Möckern
Möckern

Ab Sommer soll hier noch eine zentrale Jugendberatungsstelle entstehen. Dafür sollen vier Jugendberatungsstellen und die Familienberatung in der Riemannstraße geschlossen werden. So sind zumindest die aktuellen Planungen der Stadt.

Etwas weiter entfernt befindet sich der »Anker«, der aber wegen eines längeren Umbaus zum 1. April schließen wird. Noch etwas weiter, an der Slevogtstraße, ist das Historische Straßenbahnmuseum. Dort gibt es historische Trieb- und Beiwagen zu sehen, die ab 1896 durch Leipzig fuhren. Das Museum kann jeden dritten Sonntag von Mai bis September besucht werden.

Coppiplatz

Auch am Haltepunkt Coppiplatz fährt die S-Bahn auf den Gleisen der Zugstrecke Leipzig – Großkorbetha – Weißenfels. Man kann hier ebenfalls in die entsprechende RegioBahn umsteigen. Am Coppiplatz hält außerdem die Straßenbahn Linie 4 und der 90er Bus.

Coppiplatz
Coppiplatz

Wer hier im Sommer ein und aussteigt, sollte auf jeden Fall das Softeis in der Eisdiele probieren – es gilt als das beste Softeis der Stadt Leipzig. Das bunt angemalte Haus ist nicht zu verfehlen. Gut und schnell essen kann man auf der anderen Seite des Haltepunktes. Dort ist ein rot-weißer Kiosk: das Shanghai-Bistro.

Die Gleise führen nun in einem Bogen zu einer anderen Bahnstrecke, die von Leipzig nach Magdeburg führt. An der nächsten Station am Viadukt in Gohlis führen dann beide Strecken parallel.

Gohlis

Der Bahnhof in Gohlis gibt es seit 1894. Leider sieht es dort auch so aus. Dafür ist der Inselbahnsteig, der nördlich des Viadukts liegt, teilweise überdacht. Über eine Treppe gelangt man durch den Viadukt zur Blochmannstraße und weiter zur Lützowstraße. Dort kann man in die Straßenbahn umsteigen oder zum Gohlis-Center laufen.

Gohlis
Gohlis

Auf der anderen Seite der Lützowstraße geht es zum Bahnsteig 3. Dort hält die S-Bahn Linie 3 (früher S10). An dem Außenbahnsteig halten die Züge in beiden Richtungen, den die Strecke der S3 ist hier eingleisig. Das zweite Gleis wurde nach dem Krieg als Reparationsleitung abgebaut und in die Sowjetunion geschickt.

Die S3 fährt über die Haltepunkte Olbrichtstraße, Slevogtstraße, Wahren und Lützschena nach Halle. Zur Zeit mit Einschränkungen weil es Probleme beim Überfahren einer Weiche gab – der Fall wird noch untersucht. Das Umsteigen in die S3 ist aber in den folgenden Tunnelstationen mit Inselbahnsteigen einfacher.

Beide Bahnstrecken führen nun zum Leipziger Hauptbahnhof. Ursprünglich führten sie zu verschiedenen Bahnhöfen. Die Gleise auf denen unsere S-Bahn fährt endeten im Thüringer Bahnhof, der sich nordwestlich des heutigen Hauptbahnhofes befand. Dort gibt es nun ein Überwerfungsbauwerk, damit sich die beiden S-Bahnstrecken nicht stören. Die einfahrende S1 fährt unten, die ausfahrende S3 oben. Beide Gleise treffen dann auf das »Einfahrts- und Ausfahrtsbauwerk Nord«, wo die anderen S-Bahn-Linien mit Überwerfung eingebunden werden.

Hauptbahnhof (tief)

Die Gleise der anderen Bahnstrecke endeten im Magdeburger Bahnhof, der genau neben dem Dresdener Bahnhof lag, wo die Zugstrecke nach Dresden endete. Beide Kopfbahnhöfe wurden nach 1907 abgerissen und durch den Leipziger Hauptbahnhof ersetzt. Ein Tunnel zum Bayerischen Bahnhof, dem vierten Leipziger Kopfbahnhof, war gleich eingeplant, wurde aber nie fertigebaut. Der Tunnelbahnsteig wurde als Luftschutzraum und Kino benutzt.

Hauptbahnhof (tief)
Hauptbahnhof (tief)

Als 2003 begonnen wurde den City-Tunnel zu bauen, wechselte man aber auf die andere Bahnhofsseite. Die Tunnelstation »Hauptbahnhof (tief)« ist auf der Westseite und – wie alle Tunnelstationen – als Inselbahnsteig ausgeführt. Das erleichtert das Umsteigen auf die andere S-Bahn-Linien, die alle an dieser Station halten.

Alle vier Tunnelstationen wurden verschieden gestaltet. Die Hauptbahnhof-Station fällt vor allem durch die dicken Säulen auf dem Bahnsteig auf. Der nördliche Ausgang der Station führt zum Querbahnsteig. Dort gibt es auch einen Fahrstuhl, der sich hinter der Rolltreppe befindet. Über den Querbahnsteig gelangt man zu allen Verbindungen des Nah- und Fernverkehrs.

Auf der freien Fläche der ehemaligen Gleise 1-5, hinter der S-Bahn, möchte der Umweltbund Ökolöwe einen ZOB einrichten, wo die Fernbusse in andere Städte abfahren sollen. FDP und SPD finden das toll, es bleiben aber noch viele Fragen.

Der südliche Ausgang der Station führt auf die »Verteilerebene«. Die Bezeichnung trifft es und wird sich deshalb auch halten. Von dort gelangt man zu den Straßenbahnhaltestellen vor dem Hauptbahnhof und zu einem Ausgang an der Nikolaistraße. Ein weiterer Abzweig führt zum Einkaufszentrum, dass in den 90er-Jahren unter dem Querbahnsteig eingerichtet wurde. Hier befindet sich auch die Treppe, die einen behindertengerechten Zugang über diesen Abzweig verhindert.

Markt

Nun geht es weiter durch den Tunnel zum Haltepunkt »Markt«. Der nördlich Ausgang der Station endet am nördlichen Ende des Markplatztes vor dem Alten Rathaus. Dort gibt es auch einen Fahrstuhl. Der südliche Ausgang endet am alten Eingang zum »Untergrundmessehaus«. Der alte Eingang mit Schmuckdetails im Stile des Art Deco aus Rochlitzer Porphyr führte früher zum ersten und einzigen unterirdischen Messehaus, das 2005 der Tunnelstation »Markt« weichen musste. Die Station selber fällt durch schmalen Edelstahlsäulen und »Bretterwände« in Stülpschalung auf.

Markt
Markt

Man kann am »Markt« in alle anderen S-Bahn-Linien umsteigen. Übrigens sollte man bei der Rückfahrt nach Grünau aufpassen, welches Ziel an der S-Bahn steht. Die Deutsche Bahn bietet Verstärkerfahrten an, um im Tunnel einen 15-Minuten-Takt der S1 zu ermöglichen. Diese besondere Variante der S1 fährt aber dann zum Flughafen weiter. In unserer Fahrtrichtungen enden diese Züge in Stötteritz.

Wilhelm-Leuschner-Platz

Die dritte Tunnelstation hat gleich zwei Namen: »Wilhelm-Leuschner-Platz« und »Platz der friedlichen Revolution«. Der Haltepunkt fällt durch große Quadrate mit kleinen »Glasbausteinen« auf. Durch die Hintergrundbeleuchtung wirkt das Ganze sehr freundlich und hell. Ohne diese Beleuchtung würde es nach »Knast« aussehen. Der nördliche Ausgang führt zur Schillerstraße und zum südlichen Ende der Petersstraße.

Wilhelm-Leuschner-Platz
Wilhelm-Leuschner-Platz

Der südliche Ausgang endet vor der Stadtbibliothek und an einem nicht vorhandenen Denkmal. Den an dieser Stelle soll einmal das Freiheits- und Einheitsdenkmal entstehen, es wird aber noch einige Zeit dauern, wie die letzten Meldungen vermuten lassen. Der »Platz der Friedlichen Revolution« hat übrigens nichts mit den Ereignisse im Herbst 1989 zu tun. Aber damit nicht zufällig doch noch ein Demo darauf stattfindet, hat man das Areal vor Eröffnung der S-Bahn kurzerhand eingezäunt.

Geplant war übrigens mal eine »Verteilerebene« wie im Leipziger Hauptbahnhof. Da sollten Rolltreppen direkt zur Straßenbahnhaltestelle auf dem Ring führen. Aus Kostengründen ist das irgendwann gestrichen worden und die Leipziger müssen nun an der Ampel warten. Bei 960 Millionen Euro war halt nicht alles drin.

Bayerischer Bahnhof

Der Bayerische Bahnhof, 1842 eingeweiht und 2001 geschlossen, war der vermutlich älteste Kopfbahnhof der Welt. Hier begann die ehemalige Zugstrecke Leipzig-Hof. Sie führte über Altenburg, Werdau, Reichenbach und Plauen nach Hof. Vom eigentlichen Bahnhofsgebäude existierte nur noch der steinerne Portikus, die Bahnhofshalle war nach einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg abgebrannt.

Bayerischer Bahnhof
Bayerischer Bahnhof

Bei der Errichtung der Tunnelstation war dieser Portikus im Wege. So gab es zwei spektakuläre Aktionen: 2006 wurde der Portikus auf speziellen Gleitlagern um 30 Meter nach Osten verschoben und 2009 ging es wieder zurück zum Ursprungsstandort. 2012 war die Sanierung beendet und der Portikus erhielt wieder die Aufschrift »Saechs.-Bayersche Staats-Eisenbahn«.

Die Tunnelstation ist mit einem blauen hintergrundbeleuchteten Band versehen. Wenn ein Zug einfährt wird das Band dann heller, fast weiß. Damit hat man schonmal die bayerischen Landesfarben. Der Ausgang zum Bayrischen Platz wird durch farbige Röhren beleuchtet. Auch hier ist man nicht ganz fertig geworden, denn ein einfacher Bretterzaun säumt den Stationsausgang.

MDR

Nun fährt die S-Bahn aus dem über 5 Kilometer langen City-Tunnel. Die Ausfahrtrampe ist in einem Betontrog ausgeführt. Die Station »Leipzig MDR« am Tunnelausgang wurde ab 2008 an der neuen Brücke Semmelweisstraße errichtet. Hier kann man in Buslinien umsteigen.

MDR
MDR

In direkter Nähe des Haltepunktes liegt die Distillery. Der älteste House- und Technoclub Ostdeutschlands – seit zweiundzwanzig Jahren – ist von der Schließung bedroht, da auf dem Bahngelände zwischen Bayerischen Bahnhof und MDR viel Platz für neue Häuser ist. Der Mitteldeutsche Rundfunk, der der Station den Namen gab, ist dann ein ganzes Stück entfernt.

Auf der anderen Seite ist der »Kohlrabizirkus«. 1929 galten die zwei Stahlbetonrippenkuppeln als technische Weltsensation. Bis 1994 wurde hier mit Obst und Gemüse gehandelt, daher kommt auch der Name. Seitdem finden in den Hallen verschiedene Events statt. Bis 2012 war die Südhalle zum Eislaufen nutzbar. Am Wochenende gab es dort einen Nachtflohmarkt, an den nächsten Wochenenden geht es mit einer Tattoo-Messe und einem Mittelaltermarkt weiter.

Völkerschlachtdenkmal

Nachfolgend gibt es wieder ein Überwerfungsbauwerk, um am Marienbrunner Gleisdreieck die S-Bahn-Linien kreuzungsfrei zu trennen. Die S1 und die S3 machen einen Schlenker nach rechts und unterqueren dann die Gleise nach Zwickau, um nach links abzubiegen. Die anderen S-Bahn-Gleise führen weiter zur Station Leipzig-Connewitz und dann nach Markkleeberg.

Völkerschlachtdenkmal
Völkerschlachtdenkmal

Früher gab es eine Station »Leipzig Messegelände«, die dann mit Schließung der Alten Messe in »Völkerschlachtdenkmal« umbenannt wurde. Inzwischen befindet sich die Station mit einem Inselbahnsteig weiter nördlich direkt an der Brücke Prager Straße. Der Fahrstuhl ist leider auf der anderen Straßenseite.

Von der Prager Straße aus kommt man zum Wilhelm-Külz-Park und zum Völkerschlachtdenkmal. Auf der anderen Seite ist die Alte Messe mit der »Soccer World«.

Stötteritz

Auch der Haltepunkt in Stötteritz wurde erneuert und liegt nun direkt an der Stötteritzer Straße und Papiermühlstraße. Hier ist die Grenze zwischen Reudnitz und Stötteritz. Man kann in die Tram Linie 4 und den 70er Bus umsteigen.

Stötteritz
Stötteritz

Als der Verleger Herrmann Julius Meyer mit seinem »Verein zur Erbauung billiger Wohnungen« in Leipzig vier Wohnanlagen errichtete, entstand in der der Hofer Straße in Reudnitz die dritte dieser Anlagen mit stilistischen Anlehnungen an die deutsche Renaissance. Wie auch die anderen Anlagen in Lindenau, Eutritzsch und natürlich unserem »Meyersdorf« am Rande Grünaus, gehören die Häuser der Stiftung Meyer’sche Häuser. Max Pommer, Architekt und Bauunternehmer, der die vier Wohnanlagen in Leipzig errichtete galt als Pionier des Stahlbetonbaus. Er wurde auch Vorstandsmitglied und Schatzmeister der Stiftung, da Meyers Kinder wenig Interesse zeigten.

Und wenn man schonmal da ist, kann man sich auch die Stötteritzer Straße 26 angucken. Dort hatte das Johanishospital zu Leipzig-Thonberg im Jahre 1912 eine Erweiterung – genannte »Zweiganstalt II« – errichtet. Diese galt damals als größtes Altenheim. Heute trägt die Einrichtung den Namen Martin Andersen Nexö und gehört wie das Altenheim »Goldener Herbst« – wo unsere Fahrt begann – zur »Städtischen Altenpflegeheime Leipzig gGmbH«.

Anger-Crottendorf

Hier teilte sich die Strecke früher. Über ein Überwerfungsbauwerk ging es zum Viadukt nach Sellerhausen, dann weiter zum Volkspark an der Torgauer Straße und schließlich zum Hauptbahnhof. Diese Strecke wurde stillgelegt und soll nun eventuell der »Parkbogen Ost« werden – ein Rad- und Fußweg. Die S-Bahn fährt nun mit einem Schlenker nach links, unter dem nicht mehr vorhandenen Überwerfungsbauwerk, nach rechts auf den Güterring.

Anger-Crottendorf
Anger-Crottendorf

Gleich danach befindet sich der neue Haltepunkt »Anger-Crottendorf«. Dort möchte man niemanden besuchen – die Station liegt direkt am Südfriedhof. Vielleicht ist deshalb auch kein Fahrkartenautomat vorhanden.

Gleich neben dem Friedhof entsteht, wie auch im Grünauer WK 7, ein »Urbaner Wald«. Früher, bis 1911, befand sich auf dem Areal eine Gärtnerei von Leipzigs bekanntesten Blumenhändlern. Die Gewächshäuser wurden damals mit einer Warmwasserheizung aus eigenem Heizkraftwerk geheizt. Die Familie Hanisch verkauft seit 177 Jahren und in sechster Generation Blumen.

Auf dem Güterring – dort bewegen sich größtenteils Güterzüge an den Bahnhöfen vorbei – fährt die S1 nun zum Sellerhausener Gleisdreieck. Dort biegt sie nach rechts ab, bleibt aber auf dem Güterring. Eine neue Trassierung auf die Zugstrecke Leipzig-Dresden, die jetzt parallel läuft, wurde aufgegeben. So fährt der Zug an der Station »Paunsdorf« vorbei. Geplant ist nun auf dem Güterring einen kleinen Haltepunkt zu bauen.

Engelsdorf

Der Engelsdorfer Bahnhof liegt direkt am P.C. Paunsdorf Center und Sächsischen Staatsarchiv. Dort treffen Engelsdorf, Paunsdorf und Sommerfeld aufeinander. Man kann in die Tram Linie 3 umsteigen – die hier leider auch nur alle halbe Stunde fährt – und in einige Buslinien. Die Station hat zwei Außenbahnsteige mit Treppen und Fahrstuhl direkt an der Brücke der Hans-Weigel-Straße.

Engelsdorf
Engelsdorf

Am selben Bahnsteig fahren außerdem Regionalzüge: Man kann in Engelsdorf in den RegionalExpress nach Dresden umsteigen. Dieser fährt über Wurzen, Oschatz, Riesa und Weinböhla in die Landeshauptstadt. Außerdem fährt noch eine RegioBahn in Richtung Meißen. Erstmal geht es nach Grimma. Einige Züge fahren nach Döbeln weiter – aber mit Schienenersatzverkehr zwischen Großbothen und Leißnig. Einige Züge fahren dann nach Nossen weiter und neun Züge am Tag nach Meißen.

In Engelsdorf endet die Tarifzone 110 des MDV. Wenn man von der Miltitzer Allee aus losgefahren ist, wäre nun auch das Stundenticket fast abgelaufen.

Borsdorf

Der erste Halt außerhalb von Leipzig ist in Borsdorf in der Tarifzone 168. Die Schienen liegen hier seit dem 12. November 1837. Bekannt ist der Ort durch die Ärztin Margarete Blank. Auch August Bebel und Wilhelm Liebknecht wohnte einst in Borsdorf. Hier halten – wie in Engelsdorf – die RegioBahnen der Strecke Leipzig-Meißen und der RegioExpress Leipzig-Dresden.

Borsdorf
Borsdorf

Ein auffällig schwarz bemaltes Gebäude am Bahnhof mit lauter Blech-Schildern und Werbelogos ist das private Borsdorfer Tankstellen-Museum. Frank Altner sammelt hier alles, was mit Tankstellen zu tun hat. Von historischen Zapfsäulen bis zum Tank-Fahrrad. Offizielle Öffnungszeiten gibt es nicht, aber man kann Termine vereinbaren oder beim nächsten Sommerfest vorbeigucken.

Gerichshain

Seit dem Haltepunkt Engelsdorf und noch bis Riesa fährt die S-Bahn auf einer Strecke, die seit 1837 existiert. Damals wurde hier bis 1839 die erste deutsche Ferneisenbahn erbaut, die von Leipzig nach Dresden führte. In Leipzig endete diese Strecke am Dresdner Bahnhof – heute steht dort die Osthalle des Hauptbahnhofes.

Auch diese Bahnstrecke hat eine wechselvolle Geschichte: Anfangs einspurig, wurde die Strecke dann zweispurig ausgebaut und bis 1884 im Linksverkehr betrieben. Das Vorbild kam halt aus England. Nach dem Krieg wurde die Strecke wieder einspurig, denn ein Gleis wurde als Reparationsleitung abgebaut und in die Sowjetunion gebracht. 1970 wurde die Trasse wieder zweigleisig und elektrifiziert. Zur Zeit wird die Strecke für Geschwindigkeiten bis 160 bzw. 200 Stundenkilometer ausgebaut.

Gerichshain
Gerichshain

Das Bahnhofsgebäude des Haltepunktes in Gerichshain wurde von Fußballfans lustig angemalt. Es gibt Treppen und Rampen. Südlich gelangt man nach zwei Kilometern nach Brandis. Nördlich gelangt man zu Kirche und Gemeindeamt. Außerdem befindet sich dort im Pehritzscher Weg der »Golf und Country Club Leipzig«. Neben dem 6-Loch-Kurzplatz gibt es auf dem 80 Hektar großen Gelände noch eine 18-Loch-Anlage.

Machern

In Gerichshain beginnt auch der Rad- und Wanderweg »Rundweg Machern« der zu unserer nächsten Station führt. Der Weg beginnt am Bahnhof und führt über Püchau, Lübschütz und den Lübschützer Teichen, durch das Gotenholz zum Schlosspark in Machern. Das Macherner Schloss war upsprünglich ein Wasserschloss. Durch den Bau der Eisenbahn wurde dem Schloss aber buchstäblich das Wasser abgegraben. Im Macherner Schlosspark – einer fast 6 Hektar großen Parkanlage – steht neben einer Ritterburg auch eine begehbare Pyramide und verschiedene Tempel.

Machern
Machern

An den Lübschützer Teichen gibt es noch das »Erholungsheim VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Leipzig«. Das mit Ferienbungalows bebaute Gelände diente aber nur zur Tarnung eines Bunkers des Ministeriums für Staatssicherheit. Im Falle eines nuklearen Angriffs hätte dort 100 hauptamtliche Mitarbeiter eine Führungsstelle betrieben. Heute ist die Anlage ein Museum. Nächste Besichtigungstermine sind am 29./30.03.2014, 26./27.04.2014 und am 10.05.2014 zur »Museumsnacht«.

Im Ort befindet sich auch das Kinderheim Machern. Im Heim und den Außenstellen der vor über zwanzig Jahren gegründeten gemeinnützigen Betreiber-GmbH sind zahlreiche Kinder aus Leipzig untergebracht.

Altenbach und Bennewitz

In der Nähe des Haltepunktes in Machern befindet sich ein Gedenkstein für den Beginn der Erdarbeiten für die erste deutsche Ferneisenbahn am 1. März 1836. Die Gleise führen nun weiter nach Altenbach. Dort wurde beim Bau der Eisenbahn neben Braunkohle ein Tonvorkommen entdeckt. Gustav Harkort, im Direktorium der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie, zog hier ein Nebengeschäft auf. Mit seinem Bruder errichtete er 1845 eine Fabrik für Tonwaren. Viele Arbeiter dieser und anderer Fabriken siedelten sich in dem kleinen Dorf an.

Altenbach
Altenbach

In Altenbach gibt es zahlreiche Rad- und Wanderwege und eine Pension gleich am Haltepunkt der S-Bahn. Große Teile des Dorfes liegen im Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet. Es gibt große Waldflächen und den 138 Meter hohe Eichberg. Altenbach gehört inzwischen zu Bennewitz, der nächsten Station der S-Bahn.

Auch in Bennewitz, eine der ältesten Ansiedlungen in der Muldenaue, war man nicht immer glücklich mit der Eisenbahn. Beim Hochwasser 2002 wirkte die Brücke der Bahntrasse über die Mulde als Staumauer und drückte das Wasser ins alte Flussbett – mitten durch Bennewitz. Auch 2013 hat der Ort wieder was abbekommen. An Bauten der Bahnstrecke kann man noch »Wurzen West«
lesen, denn der Ort gehörte von 1950 bis 1974 zu Wurzen.

Wurzen

Am 31. Juli 1838 erreichte die Eisenbahn Wurzen. Die Brücke zwischen Bennewitz und Wurzen ist die erste Eisenbahnbrücke Deutschlands. Durch die Eisenbahn begann die industrielle Entwicklung des Ortes. Schon kurz nach Bennewitz sieht man die zwei Mühlentürme – die Wahrzeichen der Stadt Wurzen. Dort befindet sich die 1847 durch Johann Krietsch gegründete und in DDR-Zeiten enteignete »Keksbude« – heute die WURZENER Nahrungsmittel GmbH.

»Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt«, sagt ein bekannter Sohn der Stadt: Hans Gustav Bötticher. Besser bekannt unter dem Namen Joachim Ringelnatz. Dem Erfinder von »Kuttel Daddeldu« ist der Marktbrunnen gewidmet. Ansehen kann man sich auch das Ringelnatzhaus, Crostigall 14, und die Ausstellung im Museum, Domgasse 2. Auf dem Ringelnatzpfad lässt sich die Stadt durchwandern.

Wurzen
Wurzen

Die meisten S-Bahnen und unsere Reise enden am Wurzener Bahnhof. Einige Züge fahren über Kühren, Dahlen und Oschatz nach Riesa weiter. Am Bahnhof gibt es einen guten Kaffee und auch die Bockwurst ist nicht zu verachten. Die Reise von der Miltitzer Allee nach Wurzen dauerte über eine Stunde.

(Januar/Februar 2014)

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