Radtour vom 12. – 18. April 2014 entlang der deutsch-polnischen Grenze auf dem Oder-Neiße-Radweg.
Von Lučany nad Nisou nach Zittau – 12. April 2014
Der erste Tag dieses Radurlaubes begann 3.30 Uhr. So früh musste ich leider aufstehen, da der RE 17053 nach Dresden um 5.03 Uhr abfuhr. Diese Verbindung hatte ich gewählt, um mit dem RE 5251 direkt von Dresden nach Lučany nad Nisou (Wiesenthal an der Neiße) in der Tschechischen Republik durchzufahren.
Ich hatte in Leipzig ein Sachsen-Ticket und eine Fahrradkarte gekauft. Damit kam ich bis an die Landesgrenze. An der ersten tschechischen Station stieg dann ein neuer Schaffner zu und kassierte 3 Euro für mich und mein Fahrrad. Kronen hatte ich nicht, aber nach Verhandlungen in englisch nahm er auch Euro. Die einstündige Bahnfahrt auf den kurvenreichen tschechischen Gleisen bei maximal 50 km/h war dann eine Schaukelei.
Von der kleinen Bahnstation mit Bedarfshalt zwischen Liberec (Reichenberg) und Tanvald (Tannwald) ging es dann zur Neiße-Quelle, die etwa zwei Kilometer südlich liegt. Da ist ein großer Stein der hübsch eingefasst ist. Eigentlich sollte ich nun in Spanien stehen und auf dem Jakobsweg radfahren, aber diese Reise hatte sich aus verschiedenen Gründen zerschlagen.
So stand ich nun im tschechischen Jeschkengebirge an einem Fluss, den ich nur durch die Bezeichnung „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ kenne. Also los: Von der Neiße-Quelle aus fuhr ich auf dem Radweg 3038 durch die Berge. Die Tal-Variante durch die Städte Liberec und Jablonec nad Nisou (Gablonz an der Neiße) wollte ich nicht fahren.
Die tschechischen Radwege waren sehr gut ausgeschildert, aber auch manchmal eher Downhill-Strecken. Radfahrer die ich traf, waren alle mit MTB unterwegs. Das waren aber auch eher Sportradfahrer als Touristen. Acht Kilometer weiter, bei Dobrá Voda kürzte ich auf einer ausgeschilderten Alternativroute nach Rádlo ab, und musste erstmals mit meinen zwei quietschenden Bremsen auf einem steinigen Weg den Berg runterfahren. Das sollte sich noch mehrfach wiederholen.
In Dobrá Voda hatte ich dann auch die ersten Anstiege hinter mir, die ich nur noch schiebend befahren wollte. In der Gegend ist Wintersport beliebt und man sieht öfter gerodete Berghänge oder Skilifte. In Milíře (Kohlstadt) ging es auf dem Radweg 3036 weiter, der in eine großen Bogen um die Stadt Liberec nach Norden führt und zum Radweg 14 wird.
Dann teilt sich der Radweg. Ich fuhr wieder die Bergvariante und wurde mit dem Eisenbahn-Viadukt bei Machnín belohnt. Der Viadukt hat 14 Bögen und ist 194 Meter lang und wurde zwischen 1856 und 1859 errichtet. Die Bahnlinie gehörte zur Nordböhmischen Transversalbahn und wurde ursprünglich von der Aussig-Teplitzer Eisenbahn betrieben. Heute fährt auf der Strecke die Vogtlandbahn.
Ein paar Meter weiter ist Hamrštejn (Hammerstein). Die Burgruine ereicht man nach Überquerung der Bahnlinie, indem man den hohen Berg hinaufkraxelt. Die beiden Türme sind in Resten erhalten, auch Teile der Außenmauer. Friedrich von Bieberstein lies die, 1357 erstmals erwähnte, Burganlage errichten. 1433 fiel die Burg an die Hussiten, Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Burg aufgegeben.
Ab Chrastava sind es nur noch zwanzig Kilometer. Der Radweg 14 führt nun immer an der Neiße entlang zur deutschen Grenze. Ich machte noch einen unfreiwilligen Abstecher nach Hrádek nad Nisou und überquerte dann bei Hartau die Grenze. Hier endet der tschechische Teil des „Cyklotrasa Odra Nisa“ und ich war wieder in Deutschland.
Nun gelangt man zum Dreiländereck, wo Deutschland, Polen und die Tschechische Republik zusammentreffen und welches in der Flussmitte der Neiße liegt. Hier gibt es die Idee eine runde Brücke zu bauen, die durch all drei Länder führt und es ermöglicht drei Länder in einer Minute zu besuchen. Leider wurde diese noch nicht gebaut, aber die Idee ist schonmal gut.
Am 21. Dezember 2007 sind die Tschechische Republik und Polen dem Schengener Abkommen beigetreten. Seitdem gibt es keine Grenzkontrollen mehr, nur der Zoll sucht nach Zigaretten und Drogen. Eine unglaubliche Freiheit, die die Europäische Union da hingekriegt hat. Ich erinnere mich noch an die dämlichen Grenzkontrollen und die Wartezeiten.
Das Verhältnis der Deutschen zur Tschechischen Republik und zu Polen ist ja sehr verschieden. Das liegt sicher auch daran, daß die Tschechen viele „Botschafter“ in die Welt geschickt haben. Mit „Botschafter“ meine ich nicht Diplomaten, sondern beispielsweise Karel Gott und Miloš Kirschner. Miloš Kirschner, den Namen kennt niemand mehr, spielte „Spejbl und Hurvínek“.
Auf der deutschen Seite der Neiße ging es nun weiter nach Zittau. Dort loggte ich im Hotel „Schwarzer Bär“ ein, daß ich bereits in Leipzig gebucht hatte. Dann machte ich noch einen Stadtbummel per Fahrrad und sah mit die Blumenuhr mit dem Glockenspiel aus Meißner Porzellan an. Außerdem kaufte ich noch etwas Proviant.
Dann fuhr ich weiter zur Kreuzkirche, wo das große Zittauer Fastentuch ausgestellt ist. Es ist ausgestellt in der weltgrößten Vitrine. Die hat sogar einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde. Das Fastentuch wurde in der vorösterlichen Fastenzeit zur Verhüllung des Altarraums in die Kirche gehängt.
Das 8,20 x 6,80 Meter große Zittauer Fastentuch wurde 1472 erschaffen und erzählt in 90 Bildern Szenen aus dem Alten und Neuem Testament – von der Erschaffung der Welt bis zum Jüngsten Gericht. An der Kirche führt auch ein Jakobsweg vorbei, der über Prag nach Santiago de Compostela führt.
Irgendwann werde ich diesen uralten Pilgerweg auch noch befahren. Aber diesmal geht es nach Norden.
Wie schon befürchtet war es eine sehr anstrengende erste Etappe.
Von Zittau nach Bad Muskau – 13. April 2014
Nach dem Frühstück im Hotel brach ich gegen 9.00 Uhr auf und radelte erstmal entlang der Bundesstraße 99 nach Hirschfelde. Das war sehr idyllisch, auch wenn am Horizont ein Großkraftwerk zu sehen war. Das ist das Kraftwerk Turów (PGE Górnictwo i Energetyka Konwencjonalna S.A. Oddział Elektrownia Turów). Der südliche gelegene Braunkohletagebau, der ebenfalls in Polen liegt, ist einer der drei größten in Europa.
Auch Hirschfelde hat eine Braunkohle-Vergangenheit. Reste eines alten Kraftwerkes (das Maschinenhaus) kann man besichtigen. Leider nur donnerstags. Von 1911 bis 1992 wurde dort mit Braunkohle aus dem Turówer Braunkohlefeld Elektroenergie erzeugt. Nach dem Krieg wurde das Kraftwerk noch immer mit Braunkohle aus Polen versorgt und auch die Asche wurde in Polen verkippt.
Aber, trotz beiderseitigem Sozialismus, war es schwierig. 1980 wurden die Verträge, aufgrund der geänderten politischen Verhältnisse, durch Polen aufgekündigt. Zu dieser Zeit erschwerte die DDR Reisen nach Polen. Das ging ab November 1980 nur noch mit einer persönlichen Einladung eines polnischen Bürgers, die von den polnischen Behörden auszustellen war. Übrigens ist Hirschfelde jedem Ossi durch ein Spülmittel bekannt, das im Ort hergestellt wird: „fit“.
Leider mußte nun auch ein Umweg gefahren werden: die Originalroute war leider gesperrt. Die Umleitung ist eigentlich die Flut-Variante. So fuhr ich erstmal nach Dittelsdorf. Dort bog ich nach Schlegel ab, durchfuhr Burkersdorf und landete dann in Dittersbach auf dem Eigen.
Die Umleitungsstrecke war sehr anstrengend, da es ständig die Berge hinauf und hinab ging. Auch die Lausitz ist recht bergig. Das Klosterstift St. Marienthal auf der Originalroute ist mir nun leider entgangen. Und auch Ostritz habe ich nicht gesehen. Dafür kenne ich nun Kiesdorf auf dem Eigen. Der Eigen ist der Eigensche Kreis. Dazu gehörten sieben Dörfer.
Nach Kiesdorf ging es in einem Bogen nach Nordosten. Nach einer Kurve tauchte ein eigenartiger Betonklotz auf. Das Gebäude ist ein Rest des Kraftwerkes Hagenwerder, welches bis 1997 in Betrieb war. Dort wurde Kohle aus dem Berzdorfer Tagebau verheizt. Dieser Tagebau lieferte ab 1980 auch Kohle an das Kraftwerk Hirschfelde, als dort die polnischen Lieferungen eingestellt wurden.
Die Straße führte nun weiter nach Tauchritz. Dort besuchte ich das Wasserschloß, welches sehr desolat aussah. Außerdem warf ich einen Blick auf den Berzdorfer See. Der See ist der ehemalige Tagebau Berzdorf, der mit Wasser der Pließnitz geflutet wurde. Die Pließnitz entspringt am Berg Kottmar als Petersbach. Dort war ich schon mit dem Fahrrad, denn dort ist auch ein der drei Spree-Quellen.
Der Kottmar ist schon ein seltsamer Berg: auf der einen Seite entspringt die Spree, die über Havel und Elbe in die Nordsee fließt und auf der anderen Seite entspringt der Petersbach, welcher als Pließnitz über Neiße und Oder in die Ostsee fließt.
Ich fuhr nun nach Osten, um wieder auf den Original-Radweg zu kommen und gelangte nach Hagenwerder. Dort ist der Schaufelradbagger RS 1452 und weitere Technik ausgestellt, die im Berzdorfer Tagebau verwendet wurden. Leider hatten sie dort noch Winterpause, so hab ich den Bagger nicht erklettern können. Der Bagger wiegt 2000 Tonnen, ist 34 Meter hoch und 75 Meter lang.
Von Hagenwerder aus ging es nun wieder nach Norden und ich traf auch wieder auf die Neiße. Rechts des Radweges floß die Neiße und bildete immernoch die Grenze zu Polen und links lief die B99 und eine Bahnlinie. Dahinter der Berzdorfer See. Und hinter dem See ragte die Landeskrone hervor. Der 420 Meter hohe Berg ist ein Wahrzeichen von Görlitz. Auch eine Brauerei und Biersorte ist danach benannt.
Görlitz habe ich bereits bei einer Bahn/Rad-Tour besucht. So fuhr ich ziemlich schnell durch die Stadt. Der Radweg wurde dort leider über Rüttelpflaster der schlimmsten Sorte geleitet. Auch ging es gleich wieder bergauf. Ansonsten ist Görlitz eine wunderschöne Stadt.
Am 6. Juli 1950 wurde das Görlitzer Abkommen abgeschlossen, allerdings im polnischen Teil, der nun Zgorzelec hieß. Dieser Vertrag regelte die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze und kam auf Druck der Sowjetunion zustande. Die DDR verzichteten dabei auch auf weitere Grenzkorrekturen, die zu einer eher unglücklichen Lösung führten. So wurden Görlitz, Guben, Frankfurt und Küstrin jeweils in einen deutschen und polnischen Teil geteilt. Am Stettiner Haff fielen Stettin und Swinemünde an Polen, obwohl sie diesseits der Oder lagen.
Am 7. Dezember 1970 hat die Bundesrepublik im Warschauer Vertrag (einer der Ostverträge) die Oder-Neiße-Grenze anerkannt. Am 14. November 1990 wurde der deutsch-polnische Grenzvertrag geschlossen, indem auch das wiedervereinigte Deutschland die Oder-Neiße-Grenze als endgültig festlegt. Es war eine Bedingung für die Wiedervereinigung.
Nach einigen Aufs und Abs, und der Unterquerung der Autobahn A4, landete ich in der Kulturmühle in Ludwigsdorf. Dort gab es Mohnkuchen, Kaffee und Waldmeister-Limonade. Eine Pause hatte ich mir verdient.
Nun folgte ich dem Weg von Ludwigsdorf nach Ober-Neundorf und Zodel. In Deschka biegt der Radweg nach Westen ab und macht einen Bogen. Ich fuhr aber einfach auf der Straße weiter und gelangte so nach Zentendorf. Das ist das östlichste Dorf Deutschlands. Das ist so interessant, wie es sich anhört.
Richtig interessant wurde es ein Stück nördlich. Dort ist die Kulturinsel Einsiedel. Man kann das garnicht richtig beschreiben. Die Kulturinsel Einsiedel ist aus einer Firma für künstlerische Baumgestaltung hervorgegangen, die Jürgen Bergmann 1990 gegründet hat. Der Grüngeringelte Abenteuerfreizeitpark ist ein Spielplatz für Kinder, kombiniert mit Museumsbaumhaus, Theater und Puppenspiel auf Freilichtbühnen und Baumhaushotel. Und campen kann man auch noch. Die „großen verrückten Sachen aus Holz“ sind alles Unikate.
Nach Nieder-Neundorf trägt der Radweg den Namen Tormersdorfer Allee. Der 1403 erstmals erwähnte Ort lag auf der heute polnischen Seite der Neiße. Bis 1943 lebten bis zu 700 Juden in einem Zwangsarbeiterlager. Der Ort wurde bis 1945 zerstört. Durch die Sprengung der Neißebrücken durch die Wehrmacht und die Grenzverschiebung wurde der Ort aufgegeben. An der ehemaligen Brücke steht heute ein Gedenkstein.
Nun folgte Rothenburg. Hier sollte die Tagesetappe eigentlich enden. Aber es war noch Nachmittag und der Ort machte einen eher langweiligen Eindruck. So besuchte ich nur das Luftfahrt-Museum im Stadtteil Bremenhain, welches leider geschlossen hatte. Ich lugte durch den Zaun. Auf dem Flugplatz nebenan wurden früher MIG-Piloten ausgebildet.
Hinter Lödenau führt der Oder-Neiße-Radweg wieder entlang der Neiße und der Grenze. Nach Norden ging es durch Steinbach, Klein Priebus und Podrosche. Anschließend bog der Radweg nach Westen ab, so das der Westwind nun zum Gegenwind wurde. In Pechern gab es dann eine interessante Fachwerkkirche.
Ich machte noch etwas Tempo und erreichte nach Skerbersdorf, Sagar und Krauschwitz endlich Bad Muskau. Hier landte ich in der Turmvilla im Sumpfstorchschnabelzimmer. Im angebauten Restaurant Oleander gab es Abendbrot mit Bionade. Eis nach Fürst Pückler hab ich mir verkniffen.
Am Ortseingang von Bad Muskau kann man sich die Eisenbahnbrücke über die Neiße ansehen. Dort verlief die Bahnstrecke Sommerfeld-Muskau. Mit Sommerfeld ist das heutige Lubsko gemeint und Muskau heißt heute Bad Muskau. Die Brücke wurde nach dem Krieg neu aufgebaut, aber nicht mehr benutzt.
Von Bad Muskau nach Guben – 14. April 2014
Nach den ersten beiden Etappen wollte ich es am dritten Tag etwas ruhiger angehen lassen. Auch das Wetter sah nicht gut aus. So sah ich mir nach dem Frühstück in der Turmvilla das kleine Städtchen Bad Muskau an. Die Turmvilla gehört zum Badepark, den Fürst Pückler 1823 eröffnete. Bezahlt hat es Frau von Pappenheim.
Der Fürst-Pückler-Park ist mit 830 Hektar einer der größten Landschaftsparks in Europa im englischen Stil. 1845 mußte Pückler aus Geldmangel alles verkaufen und zog sich nach Cottbus zurück. Dort ist er in einer Seepyramide im Branitzer Park bestattet, den ich bei meiner Spree-Radtour besucht habe. Vorher hat er noch das berühmte Eis erfunden.
Der größere Teil des Fürst-Pückler-Parks, ungefähr zwei Drittel, liegt auf der polnischen Seite der Neiße. Inzwischen arbeitet man zusammen. Der Park ist übrigens seit 2001 Weltkulturerbe und eine der wenigen Weltkulturerbestätten die in zwei Staaten liegen. Das hat geholfen. Die Probleme liegen heute woanders: bei der fehlenden Nachpflanzung von jungen Bäumen.
Trotz des einsetzenden Regens machte ich mich auf den Weg nach Norden. Es ging vorbei am Heidebauern-Museum und an Ziegenhöfen. Irgenwann wurde der Regen immer schlimmer, und ich stellte mich an einer kleinen Hütte im Märchenwald unter. Märchenwald ist ein anderer Name des Naturschutzgebietes „Schwarze Grube“. Ich hatte die wasserdichten Hosen ausgepackt.
Der Radweg verlief nun auf der Deichkrone, wie fast den ganzen Rest des Tages. Schließlich luckte sogar die Sonne hervor. Nach Zelz, Bahren, Klein Bademeusel und Groß Bademeusel kam ich dann nach Forst. Kaum war der Regen vorbei, wehte nun ein böiger Wind von vorn. Herzlich Willkommen in Brandenburg!
In Forst führt der Radweg zum Ostdeutschen Rosengarten. Die Parkanlage im Stil eines englischen Gartens von 1913 ist 16 Hektar groß und hat 800 Rosensorten. Sie ist aus einer Rosen- und Gartenbauausstellung hervorgegangen und wurde von Werner Gottschalk zum heutigen Rosengarten ausgebaut. Seit 2004 heißt die Stadt „Rosenstadt Forst“.
Forst hat ein stark ausgebautes Radwegenetz. Viele Wege sind asphaltiert und eignen sich zum Schnellfahren. In Forst gibt es eine der ältesten deutschen Radrennbahnen. Sie stammt von 1906. Jährlich zu Himmelfahrt findet eine Art Völkerwanderung mit dem Fahrrad statt.
Ansonsten waren in Forst sehr viele Neubauten zu sehen. Die Stadt wurde in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges zu 85 Prozent zerstört. Sehr viele Bauten stammen hier aus den 70er und 80er Jahren, also der DDR-Zeit. Ich bog dann zur Stadtkirche ab. Den Turm der Kirche St. Nikolai kann man ersteigen. Darauf hatte ich aber keine Lust. Um die Kiche herum war Wochenmarkt und so kaufte ich was zu essen, welches ich später in einer Parkanlage an der Forster Feuerwehr aufaß.
Von der Parkanlage aus fuhr ich nach Norden in den Ortsteil Sacro. Dort war noch eine alte Grenzübergangsstelle zu sehen. Ich hatte während der Fahrt eine ganze Reihe nach dem Krieg aufgegebene Brücken gesehen. Viele Brücken sind von der Wehrmacht bei den letzten Rückzugsgefechten gesprengt worden. Nach dem Krieg hatte dann niemand das Geld die Brücken zu erneuern, zumal es ja nun in ein anderes Land ging. Nördlich kam ich dann wieder zur Neiße und fuhr auf der Deichkrone nach Briesnig.
Ab Briesnig führte der Radweg zwischen dem Tagebau Jänschwalde und der Neiße auf einer alten Bahnstrecke entlang. Hier fing es kurz an zu regnen und ich stellte mich kurz an einem Unterstand ins Trockene. Im nächsten Ort, Grießen, besichtigte ich das Wasserkraftwerk. Das wurde 1929 gebaut und seit 1993 wieder betrieben – privat. Es ist ein Laufwasserkraftwerk. Im Garten nebenan stand eine MIG-21.
Dann ging es an Albertinenaue und Gastrose vorbei nach Guben. Aus dieser Stadt kam der erste und einzige Präsident der DDR. Deshalb hieß sie früher auch „Wilhelm-Pieck-Stadt Guben“. Der „Ehrentitel“ ist seit 1990 verschwunden. Genau wie der Radweg: es gab eine Radwegumleitung.
Der Radweg führte dann zu einer Nachbildung einer Kursächsischen Postmeilensäule. Hier war also früher auch schonmal Sachsen. Unter August dem Starken wurden diese Säulen mit genauen Entfernungsangaben in ganz Sachsen aufgestellt. Vorbild war die die Römer. Das ganze Projekt war aber sehr teuer und mußte durch die Orte bezahlt werden. Einige Städte, wie Görlitz, weigerten sich jahrelang.
Trotz des besser werdenden Wetters suchte ich nun eine Pension und kam, beim zweiten Versuch, in der Nähe der Neiße in der „Pension Zur Neiße“ unter. Die nette Frau überredete mich verzweifelt, das Fahrrad in den Hof zu stellen. Mit der Grenzöffnung hatte nicht nur die Wirtschaft und Touristen Vorteile, sondern auch Kriminelle.
Deutschland und Polen haben daher im Jahr 2002 vereinbart, dass die Polizeibehörden der Länder im Grenzbereich zusammenarbeiten. Während meiner Radreise wurde beschlossen, das Polizisten nun auch im Nachbarland von der Schusswaffe Gebrauch machen dürfen. Übrigens hab ich auf noch keiner Radreise, soviel Polizei gesehen, wie auf dieser.
Von Guben nach Frankfurt – 15. April 2014
Gegen 9.00 Uhr brach ich in Guben auf. Der Radweg führte nun am Plastinarium von Gunther von Hagen vorbei. Seit 2006 ist dort eine Körperwelten-Ausstellung. Man kann dort auch die Herstellung der Objekte verfolgen. Leider haben sie nur freitags bis sonntags geöffnet. Da war ich schon am Vortag, bei der Hotelsuche, vorbei gefahren.
Nun ging es durch die Kloster-Vorstadt nach Bresinchen zu einem See, wo man baden und campen kann. Im nächsten Dorf, Coschen, baut man eine Brücke über die Neiße ins benachbarte Polen. Dort ist auch nur ein kleines Dorf namens Zytowan. Ein aufgehängtes Transparent moniert eine 5.4 Millionen-Euro-Steuerverschwendung. Früher gab es da nur eine Holzbrücke. Wenn die Brücke mal fertig ist, können Fahrzeuge bis zu 7,5 Tonnen drüber fahren.
Auf den folgenden sieben Kilometern überholte ich einen Radfahrer, der mich in Ratzdorf wieder einholte. Später sah ich noch mehr Radtouristen. In Ratzdorf mündet die Neiße in die Oder. Von der Quelle bis zur Mündung sind es 254 Kilometer. Damit ist der Neiße-Abschnitt meiner Radtour beendet und es geht mit dem Oder-Teil weiter.
Nach Ratzdorf war der Radweg wegen Bauarbeiten gesperrt. Da wird wohl der Deich erneuert. Ich folgte der ausgeschilderten Umleitung und kam über Wellmitz nach Neuzelle. Dort sah ich mir das Zisterzienserkloster an. Dann gab es Kaffee und Kuchen bei der Bäckerei Dreißig. 1911 eröffnet Paul Dreißig eine kleine Bäckerei in Guben. Heute beliefert die Bäckerei über 100 Filialen in Brandenburg und Sachsen und beschäftigt fast 1000 Mitarbeiter.
Nun ging es auf einem Radweg neben der Landstraße nach Eisenhüttenstadt. Die Umleitung führte zum Oder-Spree-Kanal, dessen anderes Ende ich bei meiner Spree-Radtour im November 2013 gesehen habe. Ich fuhr entlang des Alten Abstiegs, einer Nebenstrecke, und gelangte dann zu der Doppelschleuse des Kanals. Der Kanal wurde in der jetzigen Führung 1891 eröffnet.
Nach dem Tod Stalins im November 1961 erhielt die sozialistische Planstadt Stalinstadt, die neben dem Eisenhüttenkombinat EKO errichtet wurde, den Namen Eisenhüttenstadt. Dabei wurde sie mit Fürstenberg zusammengelegt. So hatte die jüngste Stadt der DDR eine Kirche aus dem 14. Jahrhundert.
Übrigens ist Eisenhüttenstadt nicht die jüngste Stadt Deutschlands, da immer wieder verschiedene kleine Gemeinden zusammengelegt werden und das Stadtrecht bekommen. Bekannt sind Porta Westfalica (1977) und Riedstadt (2007).
In Höhe von Vogelsang liegt eine Kraftwerksruine am Oder-Neiße-Radweg. Ab 1943 wurde hier von sowjetischen und jüdischen Kriegsgefangenen ein Kraftwerk errichtet. Die Einschusslöscher stammen von der Eroberung im Jahr 1945. Das Kraftwerk ist nie in Betrieb gegangen. Bereits vorhandene Technik wurde nach dem Krieg als Reparationsleistung in die Sowjetunion abtransportiert.
Die letzten 25 Kilometer des Tages solltes es nochmal in sich haben. Bereits den ganzen Tag wehte ein eiskalter Wind, aber die Sonne kam ab und zu hinter den Wolken hervor. Über hundert Meter war der Radweg plötzlich mit Muscheln übersäht. Ein paar Kilometer weiter hatten die Bäume Biberbissspuren. Ab und zu guckte ich über den Deich.
Je näher ich Frankfurt kam, desto mehr Regenwolken tauchten am Horizont auf. Nach Lossow bretterte ich eine Serpentinenabfahrt herunter, dann wartete ich unter der Autobahn A12 einen Regenschauer ab. In Frankfurt fuhr ich erstmal über den Ziegenwerder. Das ist eine Insel mit einer neumodischen Parklandschaft.
Ein ziemlicher Kontrast zum Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau. Neben einer Bühne und einem Lagerfeuerplatz, gibt es auch einen Spielplatz, den der selbe Herr designt hat, der auch für die Kulturinsel Einsiedel zuständig war: Jürgen Bergmann. Europagarten 2003.
Nach einem kurzen Stadtrundgang fing es leider wieder an zu regnen. Ich suchte mir mit dem Handy das City-Park-Hotel raus. Das Zimmer war eher teuer, aber ich hatte auch keine Lust mehr, im strömenden Regen ein anderes Hotel zu suchen. So schob ich mein Fahrrad in die Tiefgarage und begann auch dem Zimmer auf der fünften Etage, die Fotos der letzten Tage ins Internet zu überspielen.
Am 1. Januar 1972 startete zwischen der DDR und Polen der „visumfreie Grenzverkehr“. Man kam also mit dem Personalausweis über die Grenze. Am Grenzübergang zwischen Frankfurt und Słubice in Polen hat man mal gezählt: in den ersten neun Monaten überquerten 2,7 Millionen Menschen die Grenze.
Auch der Beitritt Polens zum Schengener Abkommen führte zu einem Besuchersturm, den jedoch niemand gezählt hat. Zehn Tage später brannte der bei deutschen Touristen sehr beliebte polnische „Basar“ in Słubice ab, der in einer gemeinsamen Aktion von polnischen und deutschen Feuerwehrleuten gelöscht wurde.
Słubice war die ehemalige Dammvorstadt von Frankfurt. Heute ist Słubice Standort des polnisch-deutschen Wissenschaftszentrums Collegium Polonicum und einer Einsatzzentrale der Polizei für die polnisch-deutsche Zusammenarbeit.
Von Frankfurt nach Hohenwutzen – 16. April 2014
Diesmal brach ich etwas früher auf. Bereits 8.30 Uhr war ich mit frühstücken fertig und verließ das Hotel. Nun ging es noch einmal durch die Frankfurter Innenstadt. Ein relativ neues Gebäude ist die Europa-Universität Viadrina die 1991 neu gegründet wurde. 1505 wurde sie in Frankfurt gegründet, zog dann aber 1811 nach Breslau um.
Von dem großen Platz mit dem fahrraduntauglichen Pflaster kann man dann die anderen beiden Wahrzeichen sehen: den Oder-Turm und die St. Marienkirche. Der Oder-Turm wurde 1968 bis 1975 gebaut und hat 25 Stockwerke. Die Marienkirche wurde ab 1253 gebaut und hatte mal 6 Glocken.
Aus der Stadt hinaus verläuft der Radweg nun entlang der Bundesstraße 112, um dann aber kurz vor Lebus rechts abzubiegen. Dort sind die Adonishänge, an denen zur Blüte tausende Adonisröschen blühen. Lebus hat übrigens aus eine Marienkirche.
Von nun an, bis zum Ziel der heutigen Etappe, führt der Oder-Neiße-Radweg durch das Oderbruch. Das ist ein 60 Kilometer langer und 10-15 Kilometer breiter Streifen entlang der Oder. Das Oderbruch war einmal Sumpfland und Überschwemmungsgebiet der Oder. Heute schützt ein sehr hoher Deich vor Überschwemmungen, denn Teile des Oderbruchs liegen unter dem Wasserspiegel der Oder.
Zwischen Podelzig und Owczary überquerte die Rote Armee im 2. Weltkrieg die Oder. Zum 40. Jahrestag wurde eine Treppe errichtet, damit die geladenen Diplomaten nicht den Deich hinauf klettern mussten. Die sogenannte Diplomatentreppe. Die heutige Treppe ist aber nur für die Touristen, die originale Treppen wurde bei einer Deichverbreiterung entfernt.
Etwas weiter nördlich, bei Reitwein, kann man dann einen Bunker besichtigen, in dem General Schukow die größte Schlacht des 2. Weltkrieges auf deutschen Boden befehligte. Am Radweg ist hier ein Gedenkstein für den Deichbruch von 1947, bei dem 20000 Menschen obdachlos wurden.
Bei Küstrin-Kietz liegt ein Werder. Die Oderinsel gehört erst seit der Wiedervereinigung zu Deutschland. Vorher war sie von der sowjetischen Armee besetzt und stellte eine Art exterritoriales Gebiet dar. Heute kann man die ehemaligen Kasernen angucken und die Insel betreten. Sehr viel gibt es aber nicht zu sehen. Zur Insel führen drei Brücken: eine alte, eine neue und eine Eisenbahnbrücke. Bei einem Imbiß gab es Fischbrötchen und Kaffee.
Auf der polnischen Seite, auf einer Landzunge zwischen Oder und Warta, befindet sich der größere Teil vom alten Küstrin. Das ist nach dem Krieg verfallen. Es sind noch die Reste der Festung zu sehen, die zwischen 1537 und 1568 erbaut wurde. Das alte Küstrin-Neustadt ist heute die polnische Stadt Kostrzyn nad Odrą.
Dann ging es weiter an der Oder entlang durch Bleyen, Kienitz und Groß Neuendorf. Am Dammmeisterhaus gab es dann Eis und Kaffee. Drei Kilometer weiter führt eine alte Eisenbahnbrücke über die Oder. Hier fuhr einmal die Oderbruchbahn. Heute erinnert ein Oderbruchbahn-Radweg an die Bahnlinie.
Noch ein paar Kilometer weiter, in Hohenwutzen, hat mir ein Hotel am Wegesrand gefallen. Hohenwutzen liegt auf der Oderinsel Neuenhagen. Das ist eine große Insel mit 25 Quadratkilometern und als solche nur schwer zu erkennen.
Von Hohenwutzen nach Löcknitz – 17. April 2014
Auch heute bin ich recht früh, gegen 8.30 Uhr, aufgebrochen. Ich wollte auf dieser Etappe möglichst viele Kilometer fahren, um auf der letzten Etappe eventuell noch einen Zug nach Leipzig zu kriegen. Den ersten Ort der heutigen Etappe kannte ich bereits als Kind, von den Wasserstandsmeldungen von Radio DDR 1: Hohensaaten.
In Hohensaaten gibt es zwei Schleusenanlagen. Zuerst die Schleuse von der Oder zur Alten Oder. Die Alte Oder wird dann zum Oder-Havel-Kanal, den ich schonmal bei Niederfinow gesehen habe. Dort ist das berühmte Schiffshebewerk. Das andere Ende werde ich vielleicht noch bei meiner Havel-Tour sehen.
Gleich nach der Schleuse biegt ein Kanal nach rechts ab, der wiederum eine Schleuse hat. Das ist die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße. Dieser Kanal fliesst parallel zur Oder, die in diesem Abschnitt nur schlecht schiffbar ist. Ich habe auch gleich zwei Schub-Schiffe gesehen.
Der Radweg folgt nun dem Kanal, den dort ist auch der Deich. Der Oder wird hier ein großes Überflutungsgebiet gelassen: der sogenannte Polder. Ich sah dort eine ganze Menge Tiere: Störche, Rehe und sogar einen Fuchs.
Das Fahren war sehr angenehm, der Radweg asphaltiert. Es war an diesem Tag deutlich wärmer. In Stolpe gibt es den Grützpott zu bewundern. Das ist ein von den Dänen im 12. Jahrhundert angelegter Bergfried. Die Mauerstärke beträgt 5 Meter. Dann ging es weiter durch den Nationalpark Unteres Odertal.
In Criewen folgte nun der dritte Landschaftspark auf dieser Reise. Peter Joseph Linné hat hier 1820 das Dorf abgerissen. Nur die Kirche blieb stehen. Daneben hat er ein Herrenhaus (Schloß Criewen) und drumherum einen Park gebaut. Das ist wieder ein Park im englischen Stil.
Nach ein paar weiteren Kilometern ist man auch schon in Schwedt. Der Radweg führte hier durch ein Häuser-Viertel, wo sich die Bewohner gegenseitig übertreffen wollen. Die Krönung waren dann edle blaue Dachziegel auf russischen Kalksteinen. Dann folgte ein Wohnturm mit einer Solar-Pyramide, den ich schon aus ein paar Kilometern Entfernung gesehen habe.
Neben der Brücke die ins benachbarte Polen führt, kaufte ich ein Softeis nach DDR-Art und einen Kaffee. Dort stand ein Verkaufswagen. Herr Schakat, der Verkäufer, war etwas depressiv. Aber das Eis und der Kaffee waren gut. Mit seiner Frau Silke, die aus Halle stammt, hat er ein Eis-Cafe in Berkholz und den Eiswagen am Radweg.
Schwedt ist der größte Industriestandort Brandenburgs. Hier gibt es die PCK Raffinerie, die Erdöl aus Sibirien verarbeitet. Das Öl kommt über die 5000 Kilometer lange Erdölleitung Freundschaft. Außerdem gibt es noch drei Papierhersteller.
Kurz nach Schwedt folgt dann Friedrichsthal. Hier endet die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße. Eine Schleuse gibt es auf dieser Seite nicht. Der Radweg folgt nun wieder der Oder. Nach Gartz und Mescherin biegt er dann aber ab. Hier heißt es von der Oder Abschied nehmen.
In Gartz gab es Bananeneis und ein Stück weiter Bratwurst und Kaffee. Bei Mescherin verließ ich den Radweg und folgte einer Alternativ-Route über Geesow und Freundenfeld – es ging ordentlich bergauf und bergab. Dort sah ich mir die Salvey-Mühle III an – ein Ferienhof mit Mühlenmuseum. Im Salvey-Tal gab es mal fünf Mühlen.
Über Tantow ging es ein Stück entlang der Bundesstraße 113. Und dann zum Schönefelder Windmühlenpark. Es ging die ganze Zeit wieder hoch und runter. Zum Teil bin ich gelaufen. So ging es weiter nach Penkun und durch die Autobahn A11 nach Wollin.
In Battinsthal gab es dann eine Grabkapelle. Am nächsten Ort, Krackow, folgte ich dann wieder einer Alternativ-Route. Diese führte auf einer alten kaputten Landstraße nach Retzin und dann weiter nach Löcknitz. Am Anfang mit Rückenwind, später leider mit Seitenwind. Bei überholenden LKW machte das ordentlich Probleme.
In Löcknitz erwartete mich eine eintausend Jahre alte Eiche, die aber nicht mehr sehr gut aussah. Im Ort suchte ich mir ein Hotel: Ein Auto vom Hotel „Haus am See“ hatte mich auf der Landstraße überholt. Die heutige Etappe war 110 Kilometer lang.
Von Löcknitz nach Ueckermünde – 18. April 2014
Am letzten Tag dieser Reise stand ich stand ich erst gegen 8.00 Uhr auf und machte mich über das Lunchpaket her, das vor meiner Tür lag. Gegen 9.00 Uhr fuhr ich los und guckte mir in Löckwitz den Burgfried an.
Dann ging es durch den Wald nach Plöwen und Blankensee. Immer schön bergauf und bergab. Nach Pampow fing es dann an zu regnen und ich fuhr in wasserdichten Hosen bis zur Stolzenburger Glashütte, die es allerdings seit 1929 nicht mehr gibt. Glasmachermeister Zenker hat 1665 die Glashütte errichtet. Sie gehörte zum Rittergut Stolzenburg, das heute in Polen liegt.
Dann ging es an der Landstraße entlang nach Hintersee. Von dort aus über Ludwigshof bis Rieth verläuft der Radweg auf der Trasse einer ehemaligen Bahnlinie, der Randower Kleinbahn. Sogar die alten Stationsschilder hat man wieder aufgestellt. 1895 gegründet, führte die Bahnlinie von Stöven (Stobno Szczecińskie) nach Neuwarp (Nowe Warpno). Mit Aufgabe der Stolzenburger Glashütte verlor die Bahnlinie an Bedeutung.
Nach Rieth gab es schon wieder Regen, den ich unter einem Aussichtsturm an der Riether Stiege abwartete. Dann ging es weiter nach Warsin und Bellin. Dort gab es Kartoffelsalat, Bockwurst und Kaffee an einer Tankstelle. Noch ein paar Kilometer weiter und ich stand am Stettiner Haff – dem Ziel meiner Reise.
Die Oder fliesst ins Stettiner Haff. Das Stettiner Haff hat dann drei Verbindungen zur Ostsee. Zuerst die Peene (Peenemünde) und die Swine (Swinemünde). Dort bin ich schon 2012 bei meiner Ostseeküsten-Radtour gewesen. Das dritte Seegatt kenne ich nicht: die Dziwna (Kamień Pomorski). Der Oder-Neiße-Radweg führt nun nach Heringsdorf weiter.
Da ich diese Strecke schonmal gefahren bin, hatte ich bereits in Leipzig geplant, die Reise in Ueckermünde zu beenden. Ich machte noch einen kleinen Bummel durch Ueckermünde und sah mir den dortigen Jachthafen an. Heute hat ja jeder eine Marina. Der Stadtkern ist auch ganz nett hergerichtet worden. Dann wartete ich noch am Bahnhof, um meine Heimreise zu starten.
Die Heimreise hatte es dann auch in sich: 6 Stunden Fahrzeit mit 6 Zügen, also 5 Umstiege. Los ging es 15.59 Uhr in Ueckermünde Stadthafen. Früher fuhr hier OLA (Ostseeland-Verkehr) mit recht modernen Zügen. Was dann mit fünf Minuten Verspätung gefahren kam, haute mich um: VT 628. So alte Technik habe ich lange nicht mehr gesehen.
Dafür war die Zugbegleiterin sehr nett und verkaufte mir auch gleich ein Quer-durchs-Land-Ticket mit Fahrradkarte. Übrigens soll es 1952 in Ueckermünde die erste weibliche Dienstvorsteherin der Deutschen Reichsbahn gegeben haben.
In Neubrandenburg wartete der RE 13211, der dann auch 5 Minuten Verspätung hatte. Eine halbe Stunde später wartete auch der RE 4365 in Neustrelitz. So hatte ich den wichtigsten Zug erwischt und kam erstmal bis Lutherstadt Wittenberg. Dort plünderte ich mal den Snack-Automaten. Dann ging es mit zwei RegionalBahnen weiter: RB 26247 bis Bitterfeld und dann RB 26121 nach Leipzig. Die S-Bahn machte mal wieder Probleme, so das ich in Gegenrichtung zum Haltepunkt Wilhelm-Leuschner-Platz fuhr.
Als ich gegen 22.15 Uhr vor dem Neuen Rathaus stand, war es bitterkalt. Ich fuhr frierend nachhause. Lustigerweise habe ich mir während der Fahrt wieder einen Sonnenbrand geholt. Das passte dann garnicht mehr zusammen.