Radtour entlang des Saale-Leipzig-Kanals (SLK)
Am 6. Juni 2013 machte ich eine kleine Radtour entlang des Kanals mit den vielen Namen: Elster-Saale-Kanal, Saale-Elster-Kanal oder Karl-Heine-Kanal. Die behördliche Bezeichnung des größten Teilstücks ist übrigens Saale-Leipzig-Kanal (SLK).
An der Leipziger Nonnenstraße beginnt das künstliche Gewässer mit einem recht schmalen Durchschnitt zur Weißen Elster. An sonnigen Sommertagen stauen sich hier die Ruder-, Paddel- und Motorboote. Die Wassersportfreunde vom Bootshaus Nonnenstraße sind hier ansässig. Die kleine Einbogenbrücke, Nonnenbrücke genannt, wurde 1863 erbaut und 1998 saniert.
Über die Industriestraße erreicht man die Erich-Zeigner-Allee, wo sich die dritte Brücke befindet, die Elisabeth-Brücke. Von der zweiten Brücke – einer alten Eisenbahnbrücke einer Industrielinie – sind nur die Fundamente erhalten. Darauf hat man 2003 das „Riverboat“ gebaut. Eine gleichnamige Talkshow des MDR wurde hier eine Zeitlang aufgezeichnet. An der Elisabeth-Brücke beginnt ein 1996 übergebener Rad- und Gehweg, der auf der rechten Seite des Kanals entlang führt.
Die nächste Brücke ist die imposante König-Johann-Brücke. Hier kreuzt die Zschochersche Straße den Kanal. Die Brücke sieht nur alt aus – sie wurde erst 1999 errichtet. Der Vorgängerbau musste komplett abgerissen werde. Auf der anderen Seite ist auch die berühmte alte Persil-Werbung zu sehen. Dort führte, mit dem Kanal, früher auch eine Industriebahnline unter der Brücke hindurch.
Die nächste Brücke, der „Karl-Heine-Bogen“ wurde ein Jahr später errichtet. Ein Großteil der sanierten Kanalbrücken wurden mit derselben Sichtverblendung aus Sandstein, Granitporphyr und Klinkermauerwerk versehen. Diese Betonbrücke sprengt mal den Einheits-Look. Radfahrer und Fußgänger gelangen hier zum Restaurant am Stelzenhaus. In der parallel laufenden Industriestraße befindet sich übrigens die Konsumzentrale, die in Form eines Ozeandampfers errichtet wurde.
1856 begannen, auf Initiative des Wirtschaftspioniers Karl Heine, die Schachtung eines Kanals der eigentlich Elster und Saale miteinander verbinden sollte. Nach 2.6 Kilometern war 1898 dann Schluß. Das Dorf Plagwitz – später eingemeindet – wurde durch Heine industriell erschlossen.
Nach der Weißenfelser Brücke, dort quert die Weißenfelser Straße, folgt die König-Albert-Brücke. Die dort querende Straße hieß früher Albertstraße. Heute heißt sie Karl-Heine-Straße. Ebenso wie dieser Kanalabschnitt, der später nach Karl Heine benannt wurde.
Von der achten Brücke des Kanals, der Aurelienbrücke, ist nur eine Fußgängerbrücke übrig geblieben. Die kleine Stahlkonstruktion ist für Fußgänger und Radfahrer passierbar. Die Aurelienstraße ist, habe ich gehört, nach der Frau von Hermann Gottlob Joseph benannt und kreuzt später die Josephstraße. Der Jurist und Politiker hatte in Lindenau ein Landgut.
Der Kanal macht nun einen großen Bogen nach links und unterquert die Gießerstraße. Die 1880 gebaute Brücke heißt Gießerbrücke. Hier wurde ein Wasserspielplatz für Kinder (und Erwachsene) errichtet. Die Erwachsenen können Wasser aus dem Kanal pumpen und die Kinder damit herumplantschen.
Als nächstes folgt eine Eisenbahnbrücke – die zehnte Brücke. Hier führt das Industriegleis P I über den Kanal. Die Gleisanlagen wurde übrigens ebenfalls von Karl Heine angelegt. Interessanterweise gab es die meisten Kritiken am Kanalbau, wegen der fortschreitenden Entwicklung der Eisenbahn.
An der König-August-Brücke quert die Engertstraße, früher Friedrich-August-Straße, den Kanal. Eine Zeitlang hieß die Brücke auch Engertbrücke. Die Engertstraße ist nach Otto Engert benannt, dessen Frau in Leipzig einen Gemüseladen betrieb.
Bis zu der folgenden Eisenbahnbrücke, wo damals die Zeitzer Eisenbahn querte, konnte Karl Heine den Kanals noch selber bauen. Der Abschnitt wurde am 26.11.1887 eingeweiht. Danach war erstmal ein paar Jahre Baustopp. Die Zeitzer Eisenbahn (Bahnstrecke Leipzig–Probstzella) führt über Zeitz, Gera, Triptis und Saalfeld nach Probstzella. Der Teil zwischen Zeitz und Leipzig wurde 1873 fertiggestellt.
Mit der dreizehnten Brücke, der Saalfelder Brücke, begann nach der Wende die Erneuerung der Leipziger Kanalbrücken. Der folgende Bauabschnitt des Kanals wurde zwischen 1890 und 1898 durch die Leipziger Westend-Baugesellschaft, einer Gründung von Karl Heine zur Entwicklung von Plagwitz, angelegt. Der Kanal wird hier etwas breiter. Die linke Kanalseite wurde 1993-1994 renaturisiert.
Gleich nach der Saalfelder Brücke gibt es wieder eine Besonderheit. Hier überquert eine Holzbrücke – die einzigste – den Kanal. Die 1994 erbaute Brücke für Radfahrer und Fußgänger sollte den Leipziger Graffitikünstlern den Weg zu ihrer Wall of Fame erleichtern. Ein Autohaus hatte hier seine Rückwand zur Verfügung gestellt. Bei den Planungen für die Olympia-Bewerbung der Stadt, wurde die Wall of Fame dann aufgelöst.
Birmingham ist seit 1992 eine Leipziger Partnerstadt und man wollte eine Brücke danach benennen. Leider ist es nie zu einer offiziellen Bezeichnung einer Brücke gekommen. An dieser Holzbrücke ist der Name haften geblieben, was vermutlich auf einem Irrtum beruht.
Nun fehlt eine Brücke, die früher einmal verschiedene Industriegleise verbunden hat. Kurz vor der Lützner Straße endet der Kanal dann an einem Wasserrohr. Die Planungen der Stadt Leipzig den Karl-Heine-Kanal hier bis zum Lindenauer Hafen weiterzubauen, reichen bis zur Olympia-Bewerbung zurück. Nun soll ab Juli 2013 weitergebaut werden.
Auch die fünfzehnte Bücke, die Luisenbrücke, ist eine Besonderheit. Die 1898 erbaute und 2012 erneuert und verbreiterte Brücke überspannt nichts. Hier ist nur Brachland. Früher führte hier eine Industrie-Eisenbahnlinie hindurch, die vom Bahnhof Plagwitz kommend, in einem großen Bogen die Zeitzer Eisenbahn überquerte und dann, linksseitig des Kanals unter der Brücke hindurch, bis zum Lindenauer Hafen führte. Der geplante Hafenbahnhof wurde nie gebaut.
Nach ein paar hundert Metern Brachland beginnt auch schon das Hafenbecken. Hier soll noch eine Brücke entstehen, um den Rad-/Gehweg auf der linken Seite fortzusetzen. Das Hafenbecken ist eigentlich durch Sand- und Kiesabbau entstanden. Die Hafenanlagen wurden 1938-1943 errichtet und sind eigentlich fast fertig geworden. Leider fehlte der Anschluss an das Wasserstraßennetz.
Nach der Olympia-Planung der Stadt Leipzig, sollte hier das Olympische Dorf entstehen. Die Sportler sollten dann per Wasser-Taxi zu den Sportstätten gebracht werden. Die Idee, die verrohrte Pleiße in Leipzig freizulegen, beruht noch auf diesem Konzept. Inzwischen plant man eine Marina im Hafen. Dies macht aber vermutlich nur Sinn, wenn der Kanal tatsächlich die Saale erreichen sollte.
Das Hafenbecken endet nach dreihundert Metern auch wieder. Nun folgt die Lyoner Straße und eine Brücke, welche aber nicht den Kanal, sondern eine Kiesbahn-Strecke überspannt. Über diese Kiesbahn wurde früher der Kies aus den Schönauer Lachen abtransportiert und am Hafen verladen. Sollte man den Kanal weiterbauen wollen, müsste hier noch eine weitere Brücke entstehen.
Nun beginnt der längste fertige Abschnitt, der hier nun Saale-Leipzig-Kanal heißt. Hier begann 1933 mit zweitausend Arbeitern im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der weitere Kanalbau. Auf der rechten Seite führt ein Trampelpfad bis zum Ende in Güntherdorf. Dieser ist auch von geübten Radfahrern befahrbar. Um zu diesem Trampelpfad zu gelangen, muß man durch das Tor eines Gartenvereins.
Die nächste Kanalbrücke ist eine Eisenbahnbrücke. Hier quert die Bahnstrecke Leipzig–Großkorbetha den Kanal. Sie wurde 1856 von der Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und in Betrieb genommen. Heute fahren hier ICE, IC und der Regionalverkehr nach Thüringen.
Die siebzehnte Brücke ist die Rückmarsdorfer Brücke. Hier quert die Bundesstraße 181 zum ersten Mal den Kanal. Zusammen mit der Eisenbahnbrücke wurden sie 1936 gebaut, aber inzwischen erneuert.
Nun folgen zwei 1935 erbaute Brücken. Zum ersten die Burghausener Brücke. Darüber führt die Miltitzer Straße von Rückmarsdorf nach Burghausen. Zum zweiten die Richard-Leisebein-Brücke. Darüber führt die Richard-Leisebein-Straße. Hier kreuzte ein Radweg den Kanal: der Innere Grüne Ring.
Gleich nach der Brücke hat der Sportclub der DHfK Leipzig ein Bootshaus mit Steg für seine Ruderer errichtet. Die Ruderer des Sportclubs oder genauer deren Vorgängerverein RG Wiking gründete sich 1866. Sie zählen damit zum drittältesten Ruderverein in Deutschland. Am Kanal wurde aber erst in der DDR-Zeit gerudert.
Nun wird es technisch interessant. Es folgt das erste von zwei Sperrwerken. Hier kann der Mittelteil des Kanals abgetrennt und abgelassen werden. Das Tor ist leider nicht mehr vorhanden und das Sperrwerk damit nicht funktionsfähig. Das Ablassen des Wassers hätte für den folgenden Kanalabschnitt am Zschampert erfolgen können. Dieser unterquert den Kanal ein paar Meter weiter.
Am Zschampert besteht der Kanal aus zwei aufgeschütteten Dämmen. Hier liegt der Wasserspiegel des Kanals ungefähr sieben Meter über dem Bodenniveau der umliegenden Felder. Für den Dammbau wurde zum Teil der Bodenaushub der Schachtungen verwendet. Als nächstes folgt die zwanzigste Brücke, deren verkehrstechnischer Sinn etwas rätselhaft ist.
Im weiteren Verlauf des Kanals ist wieder der Bau von Dämmen notwendig gewesen. An der Dammstrecke Dölzig liegt das Bodenniveau der umgebenden Flächen bis zu 16 Metern tiefer als der Wasserspiegel. Der Bau von Brücken wäre hier nur mit langen Rampen möglich gewesen. So hat man zwei Straßentunnel gebaut, die den Kanal unterqueren.
Als erstes unterquert die Straße „Am Kanal“ den SLK, dann die Bundesstraße 186. Mit dem ersten Tunnel führt auch der Äußere Grüne Ring – ein Radweg – unter dem Kanal entlang. Übrigens kreuzen neben dem Zschampert sieben weitere Wasserläufe den Kanal, die diesen – teilweiser mittels sogenannter Düker – unterqueren. Mit Dükern können Hindernisse ohne Pumpen überwunden werden.
Die Autobahn A9 tangiert im weiteren Verlauf den SLK. Die Brücke liegt zwischen den Abfahrten Leipzig-West und Großkugel. Auf dieser Strecke wird die Landesgrenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt siebenmal überquert. Der Kanal selber überquert kurz vor der Autobahnbrücke die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt.
Am Kanal ist übrigens das Baden und Campen verboten. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg hat auch entsprechende Schilder aufgestellt. Nur es hält sich niemand daran. Den ganzen Kanalweg entlang sind im Sommer unbekleidete Bader und Sonnernhungrige zu finden.
Im folgenden Teil des Kanals bei Günthersdorf ist zum dritten mal eine, diesmal kleine, Dammaufschüttung notwendig gewesen. An den Dammaufschüttungen sollte man übrigens nicht baden, campen oder gar den Damm beschädigen. Auch wen die Tonschicht, die den Kanal dicht hält, unter einer meterdicken Kiesschicht begraben liegt.
An der letzten und vierundzwanzigsten Brücke überquert die Bundesstraße 181 zum zweiten Mal den Kanal. Hier befindet sich das zweite Sperrwerk, welches ebenfalls nicht betriebsfähig ist, da das Hubtor fehlt. Es wurde für den Oder-Havel-Kanal verwendet.
Nach weiteren dreihundert Metern endet das Kanalteilstück. Bis hierhin führt der Kanal Wasser und kann mit Booten befahren werden. Vom Lindenauer Hafen bis hierher sind es etwa 11 Kilometer, bis zur Saale wären es noch 6 Kilometer. In Leipzig wird nun, seit Jahren der Planung, tatsächlich gebaut. Aber ob es hier irgendwann weitergehen wird, ist wirklich fraglich.
Auf den folgenden Kilometern ist der geplante Kanalverlauf ziemlich genau zu erkennen, denn hier wurde bereits teilweise gearbeitet. Zum Teil wurde eine Rinne ausgehoben und zum Teil gibt es Dammaufschüttungen. Auch Wasser scheint es zu geben, wie man an den Wasserpflanzen sehen kann.
Auf der Landstraße zwischen Wallendorf und Schladebach gibt es beiderseits der Kanalstrecke sogar Brückenfundamente einer geplanten Brücke über den SLK. Die Straße führt einfach daran vorbei. Nördlich des geplanten Kanals wird Kies abgebaut.
Noch sechshundert Meter weiter folgt die Schleusenruine Wüsteneutzsch. An der 1943 zu dreivierteln fertiggestellten Anlage einer Sparschleuse sollten die Pegelunterschiede von Elster und Saale angepasst werden. Durch die drei Dammstrecken wäre dies die einzige Schleusenanlage des Kanals gewesen.
Im weiteren Verlauf scheint es auch schon Aushubarbeiten gegeben zu haben. Hier ist auf dem letzten Abschnitt ein Teil mit Wasser gefüllt. Für die Radfahrer ist nun Schluß, sie müssen ab hier eine Umgehung fahren. Wanderer könnten versuchen sich durch das Dickicht zu schlagen. Das Gewässer wird von den Anglern genutzt. Dort ist ein bereits betonierter Bachdurchlass zu sehen.
Bei Kreypau wäre dann der Durchstich zur Saale gewesen. Hier gibt es noch ein Brückenfundament mit zwei Auffahrrampen. Die Brücke hat auch schon existiert und führte damals – wie die Luisenbrücke – über Brachland. Sie wurde als Reparationsleistung 1945 in die Sowjetunion gebracht.
Hier endet nun diese Radreise. Ich bin übrigens über Merseburg nach Halle geradelt und von dort mit der S-Bahn zurück nach Leipzig.