Notenrad-Garten-Tour

Augustusplatz
Augustusplatz

Am 22. Juni, 11.00 Uhr, trafen sich am Augustusplatz dreißig Radfahrer zur Notenrad-Garten-Tour. Die gärtnerische Reiseleitung hatte Michael Berninger von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur, den ich bereits von einer Radtour auf dem Elster-Saale-Radweg kenne. Die musikalische Reiseleitung hatte Prof. Werner Schneider, der Erfinder der Leipziger Notenspur und Vorsitzender des Notenspur Fördervereins. Werner Schneider ist übrigens Professor für Statik und Dynamik, also Physiker und nicht Musikprofessor. Unterstützt wurde die Radtour außerdem vom ADFC, der die Absicherung übernahm.

Hinter dem Neuen Gewandhaus und der Moritzbastei liegt ja der Schillerpark, der 1857 von Peter Joseph Lenné gestaltet wurde. Vorher war dort der Stadtgraben, der verfüllt wurde. Lenné hat auch den Johannapark erdacht. Bis 1900 hat sich der Leipziger Gartendirektor Carl Otto Wittenberg um die beiden Anlagen gekümmert. Hier befindet sich neben dem Schiller-Denkmal, das dem Park seinen inoffiziellen Namen gab, auch ein Denkmal für Robert Schumann, welches 1875 eingeweiht wurde.

Das Stück des Ringes von Moritzbastei bis zur S-Bahn-Station heißt Roßplatz und bekam seinen Namen tatsächlich von einem Pferdemarkt, der auf dem freien Schußfeld vor dem Stadtgraben stattfand. Dort gab es auch die ersten Pferderennen in Leipzig.

Geburtshaus von Hanns Eisler
Geburtshaus von Hanns Eisler

Die Tour führte den Ring entgegengesetzt entlang, zum Hochhaus Wintergartenstraße und dann zur Hofmeisterstraße. Dort befindet sich das Geburtshaus von Hanns Eisler. Eisler siedelte im Alter von drei Jahren (1901) nach Österreich (Wien) über und blieb auch zeitlebens österreichischer Staatsbürger. Den meisten Menschen ist er als Komponist der DDR-Nationalhymne bekannt. Eisler schrieb aber auch Hollywood-Filmmusik und war sogar für einen Oscar nominiert. Auch der DEFA-Spielfilm „Unser täglich Brot“ wurde von Eisler vertont.

Auferstanden aus Ruinen ist das alte Haus nicht und die Tafel, die an Eisler erinnerte, längst abgefallen. Nur die Radicals haben ein RCS drangemalt. 1990 war mal in der Diskussion die Kinderhymne von Eisler, die Prof. Schneider mit einem tragbaren CD-Player abspielte, als neue deutsche Nationalhymne zu verwenden: „Anmut sparet nicht noch Mühe / Leidenschaft nicht noch Verstand / Daß ein gutes Deutschland blühe / Wie ein andres gutes Land.“

Innenstadtbrache
Innenstadtbrache

Gegenüber blüht das Unkraut. Auf der dortigen Brache stand bis zum Bombenangriff vom 4.12.1943 der Krystallpalast – ein Vergnügungszentrum für 15000 Menschen. 1945 errichtete der Zirkus Aeros nach russischem Vorbild eine feste Spielstätte aus Holz, der bis 1956 überlebte. Dann wurde ein Bau des Zirkus Franz Althoff in Stuttgart gekauft und als Winterspielstätte errichtet. 1961 wurde daraus das „Haus der heiteren Muse“. 1992 brannte alles ab. Seitdem liegt alles brach.

Mariannenpark
Mariannenpark

Aber nun ging es weiter zur Rohrteichstraße. 1928 wurde der Volkspark Schönefeld nach 15jähriger Bauzeit fertiggestellt und 1931 in Mariannenpark umbenannt. Der Entwurf stammt von Leberecht Migge, der nach der Eingemeindung von Schönefeld aber ausgebootet wurde. Der Leipziger Gartendirektor Carl Hampel, Nachfolger von Carl Otto Wittenberg, hatte da andere Ansichten. Hermann August Molzen, ab 1920 Leipziger Gartendirektor, hat dann den Park vollendet.

Der Rosengarten, wo wir zuerst hielten, wurden 1998 restauriert und – dank vieler Rosenpaten – 674 Rosen gepflanzt. Auf einer Fläche die Migge für einen Tennisplatz vorgesehen hatte, hielten wir als nächstes. In der DDR-Zeit wurde hier zum Sportfest 1977 eine Minigolfanlage angelegt. 1998 wurde die Fläche ein Staudengarten.

Gedächtniskirche Schönefeld
Gedächtniskirche Schönefeld

Nun ging es weiter zur Gedächtniskirche Schönefeld die 1816-1820 als klassizistische Saalkirche neu errichtet, nachdem der Vorgängerbau zur Völkerschlacht abbrannte. Neben der Kirche steht eine Pyramide, die auf einer Gruft der von Eberstein errichtet wurde. Die Mariannenstiftung der Familie von Eberstein überlies der Gemeinde Schönefeld das Gelände des Mariannenparks.

Teil des Notenrades ist die Schönefelder Kirche aber wegen einer Eheschließung: Am 12. September 1840 heirateten Robert Schumann und Clara Wieck in der Gedächtniskirche. Das Vater Wieck der Ehe nicht zustimmte, mußte ein Gericht die Ehe erlauben. Wir hörten einen Schüler der Musikschule Geyserhaus an einem E-Piano. Die meisten Töne wurden getroffen.

Volksgarten
Volksgarten

Nun ging es weiter zum Volksgarten zwischen Adenauerallee und Torgauer Straße. Das ist ein eher kleiner Park, der am Parkbogen Ost liegt. Apel ließ 1864 Steine zum Andenken an die Völkerschlacht aufstellen. Der Apelstein im Volksgarten erinnert an Michel Ney – Herzog von Elchingen, Fürst von der Moskwa und Marschall von Frankreich. Dann ging es – entlang des Parkbogen Ost – weiter zur Emaus-Kirche in Sellerhausen und dann zum Stünzer Park.

Stünzer Park
Stünzer Park

Am 16. September 1898 wurde der Volkshain in Stünz eingeweiht. Der Park beruht auf einem Entwurf vom bereits genannten Carl Otto Wittenberg, damals Leipziger Gartenbaudirektor. Stünz war damals noch eine eigenständige Gemeinde und kam erst 1910 nach Leipzig. Aber die Stadt hat das Gelände, ein großes Feld, einfach gekauft.

Zur Völkerschlacht rastete auf diesem Feld das 3. Königsberger Bataillon des 3. ostpreussischen Landwehr-Infantrie-Regiments. An dieser Stelle wurde ein künstlicher Teich angelegt, an desse Ufer ein weiterer Apelstein zu finden ist. Dieser erinnert an Karl Friedrich Friccius der sich bei der Erstürmung des Grimmaischen Stadttores hervortat.

Notenrad-Kletterorchester
Notenrad-Kletterorchester

Antje Schuhmann, Landschaftsplanerin im Amt für Stadtgrün und Gewässer, entwickelte Spielgeräte, die wie Musikinstrumente gestaltet sind und zusammen ein ganzes Orchester ergeben. Diese sollen einen Spielplatz – das „Kletterorchester“ – im Stünzer Park ergeben, zu dessen Finanzierung aber noch 20000 Euro fehlen. Der Unkostenbeitrag von 5 Euro unserer Radtour wurde dafür gespendet.

Hier legten wir eine Rast ein. Mir war aber nicht nach rasten und so guckte ich mir die naheliegenden Bäume an. Da gab es massiven Blattfraß. Einen Bockkäfer habe ich gesehen, konnte die genaue Art aber nicht bestimmen. Auf dem Boden tummelten sich Feuerwanzen – die Tiere konnte ich noch nie leiden. Aber dann ging es auch schon weiter nach Zweinauendorf.

Zweinauendorfer Gutspark
Zweinauendorfer Gutspark

Nach ihrer Heirat verbrachten Robert und Clara Schumann den Nachmittag in Zweinauendorf. Eine steinerne Bank am Tempelberg, die 2010 von Engelsdorfer Schülern ausgegraben wurde, war Schumanns Lieblingsplatz zum komponieren. Unter der Leitung von Dr. Thomas Wagner und dessen Sohn Dr. Andreas Wagner wurde bis 1760 ein Auenwaldrestes am Gut Zweinauendorf zu einer parkähnlichen Anlage im Stil eines Englischen Gartens umgebaut.

Gut Mölkau
Gut Mölkau

Das Rittergut in Zweinauendorf heißt heute Gut Mölkau. Das Gut hat eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich. Nach dem Krieg wurde es enteignet und Volksgut. Nach der Wende kam es ins Eigentum der Stadt Leipzig und wurde 2002 privatisiert. Wir hörten wieder Musik von einer Schülerin der Musikschule Geyserhaus. Dann ging es weiter zum Völkerschlachtdenkmal.

An dieser Stelle verabschiedete sich übrigens der Akku meiner Kamera. Die folgenden Fotos wurden zu einem anderen Zeitpunkt gemacht.

Südfriedhof
Südfriedhof

Hier gibt es nun eine neue Station des Leipziger Notenrades: den Südfriedhof. Für die Gestaltung war der bereits genannte Leipziger Gartenbaudirektor Carl Otto Wittenberg und der Architekt Hugo Licht verantwortlich. Hugo Licht hat das Neue Rathaus und die Schule am Adler entworfen, auf die ich mal gegangen bin. Die Wege im Friedhof, der dann 1886 eröffnet wurde, sind in Form eines Lindenblattes angelegt.

Später, bis 1913, wurde dann das Völkerschlachtdenkmal neben den Friedhof gebaut. Der Leipziger Gartendirektor Carl Hampel, Nachfolger von Carl Otto Wittenberg, hat die dortigen Gartenanlagen geschaffen.

Südfriedhof
Südfriedhof

Auf dem Friedhof war Max Abraham, Verleger und Stifter der Musikbibliothek Peters, der ersten öffentlichen und kostenlos zugänglichen Musikbibliothek Deutschlands, beerdigt. Das Grab gibt es nicht mehr, aber seit 1992 einen Gedenkstein, den wir besuchten.

Auf dem Rückweg ging es noch am Grab von Gewandhauskapellmeister und Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker Arthur Nikisch vorbei, welches etwas versteckt liegt. Der ungarische Dirigent starb am 23. Januar 1922 in Leipzig. Ein paar Meter weiter befindet sich das Grab von Thomaskantor Günther Ramin. Den berühmten Chor leitete er ab 1940. Von 1933 bis 1938 und von 1945 bis 1951 leitete er auch den Gewandhaus-Chor.

Deutsche Nationalbibliothek
Deutsche Nationalbibliothek

Vom Südfriedhof ging es nun zur zur Deutsche Nationalbibliothek auf der Straße des 18. Oktober. Eigentlich bildete die Straße mal eine Sichtachse zwischen Völkerschlachtdenkmal und Neuem Rathaus. Aber auf der Alten Messe wurde mal ein Betonriegel draufgebaut, auf dem man damals ziemlich stolz war. Die Idee hinter dieser Sichtachse, die Bebauung des Gebietes, ging aber in die Hose.

Die Nationalbibliothek enthält auch das Deutsches Musikarchiv mit allen veröffentlichte Notenausgaben und Musiktonträgern aus Deutschland. Bis 2010 war das Musikarchiv in der Siemens-Villa in Berlin-Lankwitz. Nun ist es in Leipzig.

Friedenspark
Friedenspark

Hinter der Russischen Gedächtniskirche befand sich der Neue Johannisfriedhof, der in den 1980er Jahren aufgelöst wurde. Dafür wurde der Friedenspark angelegt und 1983 eröffnet. Idee war ein Sport- und Erholungspark für die Studenten der naheliegenden Uni zu schaffen. Dann wurde es aber doch ein öffentlicher Park. Die Planung erfolgte aber, wie Michael Berninger anmerkte, von der Liebigstraße aus. Am Südende gibt es keinen richtigen Eingang.

Grassi-Museum
Grassi-Museum

Unsere Fahrt endete am Grassi-Museum, wo nocheinmal eine junge Violinistin von der Musikschule Geyserhaus mit ihrem Lehrer am Piano spielte. Für den Lene-Voigt-Park, der auf dem Gelände des ehemaligen Eilenburger Bahnhos errichtet wurde, blieb keine Zeit mehr. Das Grassi-Museum beinhaltet auch das Musikinstrumente-Museum, mit einer interessanten Sammlung, die ich bereits besichtigt habe.

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