Die heutige Etappe begann wieder mit einem ordentlichen Frühstück. Ich verliess Wittenberge und blieb rechtselbisch in Brandenburg. Zuvor passierte ich noch die längste (1111 Meter) in der DDR gebaute Straßenbrücke. Die ersten zwanzig Kilometer ging es – nur von der Ortschaft Cumlosen unterbrochen – immer auf dem Deich entlang.
Beim Dreiländereck (Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen) – genauer bei Lütkenwisch – begann der Teil der innerdeutschen Grenze, der mitten durch die Elbe verlief. Und der mich auf der heutigen Etappe begleiten sollte. Dort stand auch schon der erste Wachturm.
Die folgenden zehn Kilometer wurde der Deich zurückgenommen. Das nennt sich „Naturschutzgroßprojekt Lenzener Elbtalaue“. Dort entstand ein neuer Deich mit einem wunderschönen Radweg. Und damit war ich schon beim ersten Ziel: Lenzen.
In Lenzen gibt es eine Burg zu besichtigen. Davor noch die „Lenzener Narrenfreiheit“ – eine Skulpturengruppe von Bernd Streiter. Außerdem die Kirche St. Katharina und an der Elbe einen alten Wachturm. Ein Gedenkstein erinnert an einen Deichhauptman, ein zweiter an die Eröffnung der Fähre 1989.
Diese benutzte ich und wechselte für drei Euro nach Niedersachsen. Hier nahm ich einen Waldweg und kürzte den Weg zur Schwedenschanze (einem Holz-Aussichtsturm auf einem Berg) ab. Der Weg wurde dann so steil, das ich einen Teil schieben musste. Hier erhielt ich auch die Erklärung für einen Turm den ich schon vor zwanzig Kilometern gesehen hatte.
Das ist Gartow 2 – einer der „Riesen von Gartow“ – der heute noch den Deutschlandfunk ausstrahlt. Früher wurden hier Telefongespräche per Richtfunk nach Westberlin übertragen. Gartow 1 wurde 2009 gesprengt. Nun ging es also linkselbisch weiter über Vietze und Meetschow zum zweiten Ziel: Gorleben.
In dem kleinen verschlafenen Dorf Gorleben war nicht herauszubekommen wo ich eigentlich hinwollte. Also musste ich das Netbook auspacken und im Internet nachgucken. Schließlich fuhr ich nach Süden und fand nach zwei Kilometern das Atommüll-Zwischenlager Gorleben. Hier befinden sich u.a. 113 Castor-Behälter mit Atommüll.
Ein paar Meter weiter, auf der anderen Straßenseite, geht es zum Erkundungsbergwerk Gorleben. Der Salzstock unter dem Dorf ist als Endlager im Gespräch. Hier hat Greenpeace vor sechs Tagen das Aktionsschiff „Beluga“ aufgestellt. Es waren auch allerhand Leute da und viele kamen mir noch entgegen. Zum Teil auf traktorgezogenen Anhängern.
Lange konnte ich mich da nicht aufhalten, da es ja heute die längste Etappe dieser Reise werden sollte. Also zurück nach Gorleben und dann über Laase, Grippel und Langendorf nach Brandleben. Überall sind gelbe Holzkreuze aufgestellt. Nicht herausbekommen habe ich was die blauen Andreaskreuze bedeuten sollen. Im Brandenburgischen sah ich auch rote.
Nun kam bereits das dritte Ziel in Sicht: Dömitz. Linkselbisch sieht man erstmal eine Eisenbahnbrücke, welche genau an der Elbe aufhört. Diese wurde im April 1945 zerstört und nie wieder aufgebaut. Einen Kilometer weiter führt eine Straßenbrücke – die momentan repariert wird – über die Elbe und nach Mecklenburg-Vorpommern.
Auf der rechten Seite der Elbe mußte ich nun zwei Kilometer zurück fahren, um zu der seit 1565 dort stehenden Festung Dömitz zu gelangen. Dort waren Rentner-Festspiele: „9. Norddeutsche Tage – Festival der niederdeutschen Sprache und Kultur und 19. Historischer Handwerkermarkt“. Ich aß zwei Eis und eine Bratwurst.
Nun ging es die Landstraße entlang zum vierten Ziel – der Dorfrepublik Rüterberg. Der Ort – im Grenzgebiet der damaligen DDR – war von 1967 bis 1989 durch zwei Zäune von der Außenwelt abgetrennt. Eine Enklave mit Zutritt nur von 5.00 bis 23.00 Uhr und mit Passierschein. 1989 wurde die Dorfrepublik ausgerufen.
Die letzten 15 Kilometer wurde der Rucksack immer schwerer. Nun ging es wieder auf oder neben dem Deich entlang, bis zur Fähre bei Bitter. Hier warteten schon viele Radfahrer. Für 2.80 Euro ging es wieder auf die linke Seite der Elbe zum letzten Ziel der heutigen Etappe: Hitzacker.
Die Altstadt von Hitzackerliegt auf einem Werder. Also einer Flußinsel, allerdings nicht von der Elbe, sondern vom Jeetzel. Es gibt viele Fachwerkhäuser zu sehen und einen Sportboothafen. Nach 80 Kilometern hatte ich nun aber genug, und war froh das ich ohne Navi das Hotel „Lüneburger Hof“fand.